Tino (v. lks.) ist Flieger und jetzt auch noch auf SKS-Kurs. Dafür brauchter natürlich Meilen. Ralf hat schon genug davon, aber nächste Woche SKS-Prüfung. Karsten muss nur mal ein paar Tage raus und ich bin eh schon da.

Trotzdem, nicht alles bei diesem Törn läuft so richtig rund. Von einem temporären Kulturwandel muss auf jeden Fall die Rede sein, denn 75 % der Crew outen sich als absolute Frühaufsteher. So was gab’s noch nie an Bord! Auf meine Frage, wann denn die Crew aufstehen will, gibt’s unisono die Antwort: „Spätestens um 0600 Uhr!“ Ich fasses nich und denke an so was wie elektronische Fußfesseln, heimlich Schlaftabletten in die Getränke, also an eine Meuterei „von oben“, doch am Ende holen mich die aufgeweckten Kerle nahezu täglich aus dem gewohnten Rhythmus. Nach ein paar Tagen bin ich so fertig, dass ich im stehen einschlafen kann. Wie konnte es nur so weit kommen, egal, ich will nicht nachtragend sein, Schwamm drüber!

Dienstag, 05.07.: Heiligenhafen – Marstal

Seewetterbericht: SO – O 2 – 3, strichweise diesig

Da mit Ralf und Tino zwei SKS-Kandidaten an Bord sind, erfolgt natürlich eine intensive Sicherheitseinweisung. Karsten, der in seiner Vereinigung Südniedersächsischer Hochseesegler beim SSS eine hervorragende Ausbildung genossen hat, ergänzt mich auf wunderbare Weise und freut sich ein Loch in den Bauch, endlich mal nicht verantwortlich zu sein.

Noch was vorneweg: Warum noch den Wetterbericht fragen, die liegen seit Wochen so was von daneben. Egal ob der Seewetterbericht vom DWD, der Windfinder, wetter-online oder die Farvandsudsigter vom DMI (Dänemark). Für heute einzig richtig ist, dass es zeitweise diesig ist und bleibt. Das war’s aber auch schon.

Kein bisschen Wind, nur die eiserne Unterwassergenua, schiebt uns irgendwie auf 330o rüber nach Dänemark. Zum Trost lässt sich gegen 1325 wenigstens ein Schweinswal blicken. Nein, nein, der hier rechts ist damit selbstverständlich nicht gemeint, aber Ralf meldet jede Schweinswalsichtung dem Deutschen Meeresmuseum in Stralsund. Noch nie gemacht? Klick mal hier: www.meeresmuseum.de/sichtungen. Naja, mehr aus Zeitvertreib versuchen wir es ab 1620 mal mit dem Blister, doch eine Stunde später scheitert auch dieser Versuch. Wir sind eben alle Motorboote, die einen mit und die anderen ohne Mast.

Ein bisschen Spott fängt sich der Skipper in Marstal bei seinem langwierigen Anlegemanöver ein (er war müde!), dass bei dem riesigen Pfahlabstand nicht so recht zu Ende gehen will. Da andere Crews dieses „Manöver“ deutlich toppen und wir unseren Spaß am Hafenkino haben, relativiert sich offenbar der doch etwas zu oberflächliche Eindruck der „Frühaufsteher“.

Von unserem Liegeplatz haben wir diesen wunderbaren Ausblick auf Eriks Hale.

Die Einfahrt in den alten Hafen und natürlich der wohl beliebteste Grillplatz in der dänischen Südsee

Natürlich folgt noch der „traditionelle Rundgang“ durch die Stadt und natürlich, andere Crews können da ein Lied von singen, besteht der Skipper auf seinen fairen Anteil vom dänischen Eis. Klar wird das Seefahrtsmuseum gestreift (ist natürlich längst geschlossen) und darüber hinaus wird dem Wiederaufbau der legendären „Bonavista“ (links) ein Besuch abgestattet. Um die Bedeutung der „Bonavista“ für Marstal besser zu verstehen, schaut mal dieses oder dieses Video

 

 

 

Mittwoch, 06.07.: Marstal – Ærøskøbing - Fåborg

Seewetterbericht: SO – O 3, später Schauerböen, zeitweise diesig, Nebelfelder

Siehste, die Wetterberichte liegen wieder daneben, alle: SO 3 sind angesagt, doch es weht bereits am frühen Morgen mit 5 Bft., dabei ist wenigstens schönes Wetter. 

Um 0930 müssen wir mit langer Leine ablegen, so sehr will uns der Wind von der Seite auf das Nachbarschiff drücken. Danach werden die beiden SSSler von Ralf und Tino aus Marstal raus und durch die Rinne nach Ærøskøbing navigiert. Dort legt (der junge) Ralf ein wunderbar sorgfältiges Anlegemanöver hin. Besser geht’s doch nich, was will der hier noch lernen?

Kleiner Zwischenstopp im alten Hafen von Ærøskøbing, danach eine kurzer Gang durch die alte „Märchenstadt“

Nach zwei Stunden legen wir wieder aus dem alten Hafen ab und segeln weiter nach Fåborg. Tino, der uns als alter Wikinger in die Sprache seiner offensichtlichen Vorfahren einführt korrigiert unsere nachlässige Aussprache: Das heißt Fohborr, jedenfalls wird es so gesprochen, das å so wie das O bei Ohr, weißte bescheid.

Und so sieht die Skyline von Vohrbor aus, jedenfalls solange die Sonne scheint.


Als wir Fåborg erreichen, spüren wir erstmals die Hauptsaison. Der Stadthafen jedenfalls ist rappelvoll und obwohl Tino sein bestes gibt, einen freien Platz kanner auch nicht herbeizaubern. Bei dem Gewimmel an herumirrenden Traditionssegler, Motorbrazzen und was weiß ich, rutschen wir lieber rüber in den Vereinshafen, dort finden wir sofort einen freien Platz und sind nach 30 sm um 1730 fest.

Donnerstag, 07.07.: Fåborg - Bagenkop

Seewetterbericht: Schwachwindig umlaufend

Ich fasses nich, das Wetter passt genau auf den Wetterbericht, herzlichen Glückwunsch. Wir versuchen natürlich immer, jeden Windhauch in Vortrieb umzusetzen und so wird getrimmt, getrimmt und noch mal getrimmt, bis die Konkurrenz die Tücher einholt. Die Crew ist so was von infiziert, am Ende müssen wir aber unser ehrgeiziges Ziel aufgeben. Was bleibt ist der Lernerfolg des optimalen Segeltrimm, ansonsten leider Maschinenfahrt bei herrlichem Sommerwetter.

Unterwegs passieren wir den wunderbaren Svendborgsund, machen einen Abstecher in den Traditionsschiffshafen von Svendborg, besuchen den neuen Yachthafen und grüßen, insbesondere von Karstens Bruder, den Ausflugsdampfer „Helge“, der mal wieder Valdemars Slot anläuft, das wir in der Ferne passieren. Immerhin beherbergt das Schloss auch ein Segelmuseum.chi

Dann hart am wieder aufkommenden Wind vorbei an Rudkøbing, an Marstal und in aller Seelenruhe rüber nach Bagenkop. Immerhin haben die Meilensammler jetzt schon 108 sm auf der Logge, nicht schlecht für drei Leichtwindtage oder?


Freitag, 08.07.: Bagenkop - Heiligenhafen

Seewetterbericht: SO 3 – 4, SW drehend, abnehmend 2, Schauerböen, strichweise stark diesig, See 0,5 m

Der regnerische Südost weht uns natürlich genau aus Heiligenhafen entgegen, wir müssen kreuzen und kreuzen immer wieder den Kurs einer wunderbar geschnittenen Yacht. Warum segeln die nicht? Wir kommen jedenfalls gut voran und versuchen, die erworbenen Trimmkünste zu perfektionieren.

Unter Deck werden derweil wahre Kunststücke vollbracht: Tino (o.lks.) demonstriert, dass er bei so viel Lage immer noch an der Karte arbeiten kann. Karsten (rechts) hingegen beweist, dass er bei gleicher Schräglage eine hervorragende Resteverwertung bruzzeln kann.

Naja und Karsten bringt den beinahe noch jugendlichen Seglern den Umgang mit Flaggen und insbesondere das Grüßen der Kriegsmarine bei, die gemäß internationalem Flaggenrecht, den Flaggengruß (also das Dippen) zu erwidern hat. Dabei wird während der Dauer des Vorbei-fahrens an einem Kriegsschiff, die eigene Flagge auf etwa halbe Höhe gesenkt (gedippt). Dieser Flaggengruß ist durch einmaliges Dippen der Kriegsflagge zu erwidern. Der Flaggengruß. ist aus der einstigen Bezeugung der Unterwerfung unter die Gewalt des besuchten Landes entstanden.

Das Dippen ist nicht zu verwechseln mit dem hier demonstrierten Einholen der Gastlandflagge.Wir erkennen an dieser Demonstration jedenfalls, dass wir uns nun wieder in deutschen Gewässern befinden. Genau hier dreht der Wind tatsächlich auf SW und spielt uns wunderbar in die Karten. Wir werden jetzt immer schneller und kassieren sogar Yachten, die längst auf ihr eisernes Segel zurückgegriffen haben. Am Ende aber bleibt der Wind leider ganz weg und wir motoren bis rein an die Tanke nach holy harbour und schließlich in die Box. Karsten und Tino mustern vereinbarungsgemäß nach 144 sm ab, Ralf bleibt an Bord. Wenigstens zwei Frühaufsteher weniger, aber Schwamm drüber.