Andreas liebt Rund Rügen und das Steinhuder Meer,
    

Karsten hat sich bereits beim Schweinswaltörn qualifiziert und
    

Ralf hat die neue Crew an Bord geholt - eigentlich alles Maschseepiraten.

Freitag, 23.09.05, Heiligenhafen - Grömitz

Wetterbericht: SO bis O 3 Bft.

Unglaublich, seit Ende August werden wir das schöne Wetter überhaupt nicht los. Alle Drei haben wir die ganze Woche im www die Wetterprognosen abgeklappert, aber wen wir auch fragen, das Wetter bleibt schön. Mit dieser Information sind wir leider nicht allein auf dieser Welt, ganz Norddeutschland scheint an diesem Freitag auf A7 und A1 Richtung Nord- und Ostsee unterwegs zu sein. Als Asphaltcowboys verbringen wir ganze vier (statt 2,5) Stunden in Karstens standesgemäßem Auto bevor wir die Mitbringsel für ein Wochenende an Bord verstauen. Und raus wollen wir noch, wenigstens rüber nach Orth auf Fehmarn, damit wir Abstand zu dieser Blechlawine bekommen.

Um 1815 legen wir ab und Andreas spielt sofort seine Steuermannsqualitäten aus. So geht das also und da behalte ich das Steuer lieber gleich in der Hand. Um 1840 sind Groß und Genua oben und schnell wird aus dem ursprünglichen Ziel Orth doch lieber Burgstaaken/Fehmarn - dann haben wir es Morgen nicht mehr so weit. Morgen wollen wir am liebsten nach Lübeck, wenn nicht, reicht auch Neustadt oder vielleicht rüber nach Timmendorf auf Poel? Wir werden uns treiben lassen, der Wind soll entscheiden. Um 2000 steuert uns Andreas durch die Fehmarnsundbrücke. Längst brennen alle Lichter, im Fehmarnsundfahrwasser östlich der Brücke ist es schon stockdunkel. Nur die erste und die Ansteuerungstonne sind befeuert, alle anderen Tonnen dazwischen machen wir erst sehr spät oder per Handscheinwerfer aus. Wir gehen verschärft Ausguck, halten uns im - Blick zurück exakt in der Richtfeuerlinie - und voraus genau auf die Ansteuerungstonne zu - so geht das. Lediglich das letzte Tonnenpaar geht uns durch die Lappen - oder haben wir uns verzählt? Egal, wir haben ja die Ansteuerungstonne erreicht und statt nach Burgstaaken setzen wir mit Großenbrode wieder ein neues Ziel.

Es ist eine angenehm warme Spätsommernacht, die Blechlawine und der Alltag sind inzwischen so weit weg, dass wir eigentlich gar nicht mehr an Land wollen. Das Feuer von Dameshöved ist doch gar nicht so weit weg - oder? Eine Stunde danach wären wir schon in Grömitz. Der leichte Ostwind weht stabil und bringt uns immerhin auf vier Knoten. Ab 2200 schaut der Mond bei unserem ersten Nachttörn zu - besser gehts nicht. Das GPS gibt uns vier Stunden bis Grömitz, aber der Wind lässt immer mehr nach, sodass das Feuer von Dameshöved um Mitternacht zum Dauerbrenner wird - wir kommen einfach nicht um die Huk oder besser um das Dahmer Kliff, die Anhöhe (Höved) bei Dahme, um die so oft ein rauer Wind weht.

Während wir schlaflosen Seeleute bei Mondschein durch die beinahe finstere Nacht segeln, lassen es sich andere Urlauber in ihrer Ferienwohnung gut gehen, z.B. in der Koje im kleinen Turm neben dem Leuchtturm. Durch Zufall habe ich im www. erfahren, dass man das kleine Türmchen mieten kann: Turmwohnung für vier Personen, mit Wohn-, Essraum, Küche und Duschbad ebenerdig (im kleinen Vorderhaus), Küche mit Ausgang zur Wiese. Schlafen im Turm, zwei Betten in der Turmstube, je ein Bett auf den Treppenabsätzen im Turm - die Wohnung ist für Kleinkinder nicht geeignet.

Kontakt: Marianne Abraham
Windmühlenweg 69a - 59494 Soest
Telefon: 02921 / 75126
Fax: 02921 / 75126
    

http://www.luechthuus.de/ostsee/ostsee.htm

Sei's drum, wir leiern den Nachtwind bis zum bitteren Ende aus. Um 0145 bergen wir die Segel und für die letzte Viertelstunde gönnen wir uns für die Ansteuerung und das Hafenmanöver die Maschine. Beinahe lautlos gleiten wir um 0200 in die Box - dabei wollten wir doch nur rüber nach Orth, was wollen wir in Grömitz?

Samstag, 24.09.05, Grömitz - Travemünde

Wetter: S 2 - 3 Bft...

... aber Segeln ist ja kein Wunschkonzert, so wie früher in der Waldschänke. Da war ich 14 und da gab es für 50 Pfennig "The last time", "Komm gib mir deine Hand" und Ted Herolds "Moonlight" aus der Musicbox, hier werden keine Wünsche erfüllt. Kein Wind weit und breit, vor Grömitz dümpeln einige Boote in der diffusen Sonne und der Skipper reinigt aus lauter Verzweiflung das Teakdeck. Andreas tüftelt erfolgreich an der Elektrik herum, weil Logge und Echolot partout keine Werte herausrücken wollten. Der versprochene Südwind soll uns nach Timmendorf/Poel liften, aber um 1400 verdoppelt das laue Lüftchen seinen Einsatz, wechselt die Richtung und kommt nun mit 2 Bft. aus Ost. Dahin sind wir aber gerade unterwegs, also nimmt die Crew den neuen Kurs nach Travemünde dankbar an, wie gesagt, der Wind soll entscheiden.
 
45 Minuten hält der Wind halbwegs durch, dann sind wir mit unserer Geduld am Ende, ab 1445 muss es die Maschine richten. Die Besatzung lungert auf dem Vorschiff rum, liest jugendgefährdende Schriften oder geht schwermütigen Gedanken nach (o. li.). Endlich kommt Land in Sicht und schnell verfliegen Schmuddelliteraur sowie finstere Tagträume. Sofort wird wieder per Hand gesteuert, produziert der Camcorder seinen Beitrag für das Heimkino und dann kreuzt aus einer ganz anderen Zeit eine Kogge unseren Kurs. Nie zuvor war ich in Travemünde. Richtig eng wird es in der Einfahrt, als die Berufsschifffahrt sich zu wahrer Größe aufbläst - Donnerwetter. Bevor wir uns für einen Liegeplatz entscheiden, klappern wir den gesamten Hafen ab und landen schließlich im Fischerei- und Yachthafen. Arbeit & Leben so dicht zusammen, das gefällt.
 
 
 
Und wer guten Fisch essen will, ist im Fischereihafen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. So leckeren Dorsch hatte ich selten auf dem Teller. Dazu der Blick auf Hafen und Trave (o. re.), Seglerherz, was willst Du meer?

Kleine Abstriche liefert der Hafenservice. Wie so oft kommt man ohne Codenummer nicht in die sanitären Anlagen und der Hafenmeister ist irgendwo unterwegs. Strom muss per Hand vom Hafenmeister frei geschaltet werden, aber der Hafenmeister ... ist übrigens ein ganz netter Mann.

Sonntag, 25.09.05, Travemünde - Heiligenhafen

Wetter: ? verpennt

Für die lange Heimreise stehen wir früh auf und im dicken Nebel. Keine Sonne, kein Wind, dicker Nebel. Gelassenheit kehrt ein, ein ausgiebiges Frühstück und Karsten kommt endlich mit wunderbaren Ergebnissen von seiner Fotosafari zurück.
   

Klammheimlich mogelt sich die Sonne durch den Nebel in den Sonntag (re.), der Hafenmeister liest pingelig 2 € Stromverbrauch ab und um 0940 sind wir in Travemünde nicht mehr zu halten. Die Sicht beträgt inzwischen zwei Meilen, wir schieben uns aus dem Fischerei- und Yachthafen auf die Trave, passieren Fähre, Passat und Leuchtturm und nehmen Kurs auf Dameshöved. Von Wind keine Spur, aber Karsten entdeckt nicht nur diese Fähre (u.) im Nebel sondern definiert die Farbe blau auf seine Weise.
 
 
Unterwegs gibt es fantastische Lichtblicke zwischen Wasser und Himmel. Wo hört das Wasser auf, wo fängt der Himmel an? Beides verschmilzt in Watte. Warum muss ich 55 Jahre warten, um zu erfahren, dass Nebel so angenehme Lichteffekte (siehe ganz unten) zaubern kann?

Irgendwann später basteln Andreas und ich mal wieder an der Elektrik, weil wir das Licht im WC-Raum nicht schalten können. Wo verläuft nur die Zuleitung?

Über den Maschinenraum, den Salon oder die Vorschiffskoje? Wir werden das Rätsel mit ins Winterlager nehmen, denn plötzlich streikt der Motor. Wir stehen um 1230 exakt vor Dameshöved und haben Glück, dass sich ganz vorsichtig der Wind einstellt. Also, Segel rauf und dafür rein in die überhitzte Maschine. Ist es der Impeller? Nein, der ist völlig intakt. Und dennoch muss der Kühlwasserkreislauf unterbrochen worden sein, obwohl das Sieb sauber ist. Vermutlich war der Deckel "nicht ganz dicht", sodass die Wassersäule Luft gezogen hat. Dann geht nichts mehr. Zum Glück hat der Thermoschalter die Maschine "kalt" gestellt. Nach langer Abkühlung und nachdem ich den Filterdeckel kräftig mit Vaseline "eingeschmatzt" habe, kühlt die Maschine wieder, aber jetzt sind erst einmal die Segel dran.

Um 1530 sind wir wieder im vertrauten Fehmarnsundfahrwasser, passieren die Brücke, erreichen um 1615 mit der grünen Tonne das Fahrwasser von Heiligenhafen und lassen uns von der Genua bis in den Hafen ziehen. Bei Nacht & Nebel waren wir unterwegs und natürlich an diesem Sonnentag.