An dieser Stelle oute ich mich mal als Fußballfan

Jetzt, wo der "Adenauer" überall aufgetucht wird, zeigen auch wir Flagge. Für nicht segelnde Fußballfans sei der Hinweis erlaubt, das schwarzrotgoldene Tuch wird an der Küste und auf der hohen See "Adenauer" genannt. Ja "Adenauer", nicht Angie und auch nicht Klinsi.
    

Viele Wochen vor der WM folgte wohl nur mein Sohn Ben (TUS Ricklingen) den "Sportfreunden Stiller":

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein

Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.

Segeln oder lieber doch die WM? Überraschend entwickelt sich das Spiel zu meinen Gunsten, weil Sabine, die den Ball bisher nicht unbedingt zum Freund hatte, denselben plötzlich gar nicht mehr hergeben will. Sie will auch lieber die WM sehen und damit liegen wir beide in Führung. Der Skipper, früher Mittelfeldspieler beim legendären SV Eime, muss das ganz sensibel eingefädelt haben, aber das ist eine ganz andere Geschichte...

Aber wo gucken? Zu zweit allein vor der Glotze, an der Küste unterwegs mit Stopps in TV-Marinas oder doch lieber mit der Fünferkette (Dokorunde) in Hannover? Zwei Wochen vor dem Anpfiff spielt Bernd den genialen Pass in die Tiefe und die "Knipser" in der Spitze machen das Tor - Thiemgeist eben. Schnell wechselt das bisher in der Dammstraße heimische 3 x 9 m große Partyzelt an den Eulenspiegelweg, liefert der inzwischen auch familiär gut aufgestellte PC-Spezialist das Equipment und nach der gelungenen Generalprobe geht die "Eulenspiegelarena" ans Netz. Sofort werden die Schilder für eine problemlose Anreise montiert:
    

Zur "Eulenspiegelarena" gelangt man, nach der viel umjubelten WM-Abfahrt der Oranjes, drei Ausfahrten später. "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", aber Du schaffst das - rechts zoomt sich bereits der Polizeihubschrauber der Verkehrsleitzentrale immer tiefer zur Arena herunter.
    

Nun aber mittendrin statt nur dabei: Links sehen wir schon Mannschaft, Trainerstab, Management, die medizinische Abteilung (mit dem green drink "soccer solution") und wir werfen einen ersten Blick in die taktische Vorbereitung.
    

Entspannt und gelassen diskutiert der Trainerstab Masterplan und Laktatwerte (den Heimtrainern ist darüber inzwischen das Lachen vergangen). Auf der anderen Seite herrscht im Kader vorsichtiger Optimismus auf einen Stammplatz. "Natürlich wollen wir uns nicht aufdrängen, das entscheidet allein der Trainer..."
    

Noch lässt sich das Mittelfeld (links) mit einfachen Körpertäuschungen aus dem Konzept bringen, während der Angriff, inmitten der Heilpflanzen von Dr. Müller-Wohlfahrt, konzentriert den Anweisungen der medizinischen Abteilung (rechts) folgt.
    

Wir sind aggressiv, offensiv, selbstbewußt, schnell, attraktiv und erfolgreich, so schreibt es auch der Beamer auf die Leinwand und daran lässt diese Mannschaft keinen Zweifel. Nur bei der patriotischen Einstimmung gibt es, wie wir links sehen, noch vereinzelte Abstimmungsprobleme. Jürgen Klinsmann, Jogi Löw, Oliver Bierhoff und Andi Köpcke (von links nach rechts) bleibt keine andere Wahl, die Übung wird wiederholt. Also nochmal alle Strophen der Nationalhymne mit den Sportfreunden Stiller:

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.

Wir haben nicht die höchste Spielkultur.
Sind nicht gerade filigran.
Doch wir haben Träume und Visionen
und in der Hinterhand nen Masterplan.
Für unseren langen Wege aus der Krise
und aus der Depression,
lautet die Devise nichts wie rauf auf den Fußballthron.

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.

Die ganze Welt greift nach dem goldenen Pokal,
doch nur einer hält ihn fest,
so ist es nun einmal.
Die ganze Welt spielt sich um den Verstand,
doch der Cup bleibt in unserem Land.

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein

Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.

54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
    

Inzwischen ist die Mannschaft gut eingespielt und damit hat Jürgen Klinsmann alles richtig gemacht, was man überhaupt richtig machen kann. Er hat voll auf die Karte Fitness gesetzt, den Teamgeist beschworen und ganz besonders die Joker. Und genau so gehen unsere Jungs an die Arbeit. Links das konzentrierte Mittelfeld mit dem Abräumer vor der Viererkette. Rechts die tief gestaffelte deutsche Abwehr. Die Innenverteigung steht, die Null sowieso. Spielstand zur Halbzeit? "Es steht im Augenblick 0:0, aber es hätte auch umgekehrt lauten können", Heribert Faßbender.
    
    

Einige Spieler sind nach der ersten Hälfte völlig platt, haben sich total verausgabt, aber die medizinische Abteilung kriegt auch erfahrene Führungsspieler wieder hin. Sorgfältig wird der Pausentee gezapft, wird leichte regionale Küche verabreicht und der Akku wieder aufgeladen. Nur einige halbgare Schinkengriller jammern mit Herbert Grönemeyer, "Zeit, dass sich was dreht". Einer geht noch? "Mann, wir Schwatten müssen doch zusammenhalten", Anthony Baffoe nach gelber Karte zum Schiri.
    
    

Während sich die Spielerfrauen in der Halbzeitpause im Grünbereich der Vip-Lounge entspannen, analysieren die selbsternannten Experten das flexible Spiel der Mittelfeldraute ... und natürlich die eigenen Wettchancen. Nur Einer tippt immer besser! "Eins ist klar, die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen," so der Völkerkundler Franz Beckenbauer.
    

Die vom Arena-DJ in der Pause nochmal aufgelegte Mucke von Xavier Naidoo, "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", wird auf dem Weg zum Buffet als wenig passend empfunden.
    

Nach der Pause ist der Angriff noch stärker gefordert, findet in den Folgeminuten jedoch kein Rezept, die Außen können sich nicht entscheidend durchsetzen, durch die Mitte läuft das deutsche Team wie gegen eine Wand. Endlich bringt Klinsmann die Joker (rechts) und setzt auf noch mehr Risiko in der Offensive. Dann dieses blöde Foul. "Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben", Johannes B. Kerner.

Egal, Deutschland erhöht den Druck weiter, dominiert das Spiel und endlich, endlich fällt der alles entscheidende Treffer. Die "Eulenspiegelarena" steht Kopf. Es gibt kein Halten mehr. Wahnsinn, wir haben gewonnen und mehr oder weniger befreundete Menschen liegen sich in den nackten Armen. Die Party geht weiter. Achtelfinale, Viertelfinale und im Halbfinale wird der Traum zwei Minuten vor dem Elfmeterschießen zum ... Albtraum? Nein, nein nicht wirklich, niemand durfte ernsthaft mit diesem Erfolg rechnen. "Wir feiern den dritten Platz, als wär' der Erste nichts," so Jürgen Klopp im Einklang mit den Fans in der "Eulenspiegelarena". Jürgen Klinsmann und seine Jungs haben eine super WM gespielt.
    

Partyotismus pur. Der Eulenspiegelweg nach dem Abpfiff und einen Steinwurf weiter wird auf dem Mittellandkanal schon ein neues Lied gesungen:

1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2010
ja so stimmen wir alle ein mit dem Herz in der Hand
und der Leidenschaft im Bein werden wir Weltmeister sein

Das soll's nun vom Fußball gewesen sein, jetzt wird wieder gesegelt. Vielen Dank Jürgen Klinsmann und ganz besonders Martina und Bernd. Wir waren in der schönsten Arena der Welt zu Gast bei Freunden.