2006
Freitag, der 21. Juli 06
Im Stau auf der A 1 zwischen Maschen und Moorburg ist die Entdeckung der Langsamkeit nun wirklich keine Kunst. Die hinter uns liegenden Arbeitswochen werden noch auf der Autobahn abgehandelt und die maximalen Segelmöglichkeiten in die eine oder andere Richtung (Poel oder Langeland?) ausgelotet. Diesmal sind von rechts nach links mit dabei:
Bernd, inzwischen beim dritten Wochenendtörn, daneben Martina mit A-Schein und der Erfahrung eines Sardinientörns, links Sabine & Ralf
Und was macht die Crew am Freitagabend? Die Besatzung segelt nicht nur durch die Sicherheitseinweisung an Bord von „Kalami“ oder kauft ein, sondern ist auch noch auf heimatkundlichen Pfaden unterwegs durch Heiligenhafen - offizielle Fotos der Stadt Heiligenhafen gibt es besser hier, von uns nur ein paar kleine Einblicke:
Punktgenau als die rote Sonne im Meer versinkt erreichen wir den Strand (unten). Nur ein Kitesurfer der sich mit Speed und Sprüngen intensiv müht, alle Augenblicke auf sich zu ziehen, stört auf egoistische Weise das wunderbare Schauspiel – nicht wirklich. Danach geht nur noch Doppelkopf an kühlem Weißwein bei Petroleumlicht im Cockpit. Wie war das noch mit Alkohol und „Seekrankheit“ ein paar Berichte zurück? Vergiss es, welche Crew hört schon auf den Skipper!
Samstag, der 22. Juli 06
Der Wetterbericht verspricht mit NW – W, 3 – 4, abflauend ...
... einen eher langweiligen Segeltag, von wegen Langeland oder Poel. Natürlich ist es für Martina spannend, nach langer Zeit mal wieder am Ruder zu stehen, Segel zu setzen und sich Wind und Wellen hinzugeben. Was wir am Vorabend aber schon ahnten, „…ein bisschen mulmig ist mir schon“, klärt Rasmus diesmal auf ungewohnt gnädige Weise – die Flaute beendet alle Anzeichen aufkommender „Seekrankheit“. Sei's drum, wir kommen ohnehin nur vor die „Haustür“, treiben uns in der Nähe von Flügge herum und werfen, vom Wind verlassen, den Schlickhaken am „Krummsteert“ (hier ein Link zur webcam), einem Sandhaken, der die Orther Bucht im Südwesten abschließt. Bei 29° im Schatten und in der denkbar knappsten Sportbekleidung werden die begnadeten Körper zu Wasser gelassen und auch das Beiboot „Kalamini“ einer Erprobung unterzogen. Der Aufbau des Bananaboot wird auf dem engen Vorschiff zum Geschicklichkeitstest, der nur mit viel Kraft und kaum schneller als in 15 Minuten abgeschlossen wird. Hier demonstriert uns der Hersteller (dieser Klick führt zu einem Video) mal eben den Aufbau in fünf Minuten. Aus Platzgründen geht das an Bord lange nicht so "kinderleicht", aber dann schwimmt neben "Kalamini" auch die Crew.
Dieser paradiesische Ort und die damit verbundene „Sulsdorfer Wiek“ stehen natürlich unter Naturschutz, aber auch bei nicht unter Naturschutz stehenden Seglern ist diese Gegend ausgesprochen beliebt. Immer mehr Ankerlieger gehen hier baden und wenn nach der körperlichen Ertüchtigung, im Schatten des Sonnensegels zu den Tortelettes mit frischer, selbst gemachter Kirschgrütze auch noch Capuccino gereicht wird, ist das schon ein ganz besonderes Vergnügen.
Später finden wir im Hafen von Orth zwar keine freie Box, aber einen freien Parkplatz an der Kaimauer, direkt vor dem Büro des Hafenmeisters. Dass sich während der Hauptsaison zur Nacht daraus „Päckchen“ entwickeln wundert in diesem beliebten Hafen niemanden. An anderer Stelle habe ich ja schon viel über Orth erzählt, aber wer buchstäblich alles über die Hafengeschichte nachlesen möchte wird auf der homepage des Oldtimerfischkutters „Amoy“ vorzüglich bedient. Immer wieder ist darin von der Großen Sturmflut von 1872 die Rede. Diese Sturmflut verwüstete in der Nacht vom 12. auf den 13. November die Ostseeküste von Dänemark bis Pommern und gilt als bisher schwerste Ostseesturmflut.
In den Tagen vor der Sturmflut blies ein Sturm aus Südwest über das Land, der das Wasser der Ostsee Richtung Baltikum und Finnland trieb. Das Ergebnis: Hochwasser im Nordosten und extremes Niedrigwasser an den deutschen Küsten und aus der Nordsee strömten gewaltige Wassermengen in die westliche Ostsee. Plötzlich drehte der inzwischen zum Orkan verstärkte Sturm auf Nordost und trieb die Wassermassen Richtung südwestliche Küste. Da das Wasser nur langsam wieder in die Nordsee zurückfließen konnte, überraschten am frühen Morgen des 13. November 1872 große Wellen die schlafenden Küstenbewohner und führten zu meterhohem Hochwasser (3,30 m über NN) in den Küstenorten - Quelle Wikipedia.
Von dieser Geschichte ist die Crew 134 Jahre entfernt und is(s)t dazu vom "Piratennest" einigermaßen bedient, obwohl der Platz auf der Terrasse für Sehleute nicht zu toppen ist. Das Essen war hier schon mal ein größeres Vergnügen und als Entschuldigung darf bitte nicht die Hauptsaison herhalten, schließlich wird der Preis auch nicht reduziert. Nur wohin sonst? Der Futterkutter hat dicht und griechisch auf Fehmarn? Nein Danke! Leider ist das "Café Sorgenfrei" ins Rettungshaus nach Burg Tiefe umgezogen und die Nachfolger klappen gerade den Bürgersteig hoch. Bleibt für den nächsten Orthstermin nur der Insulanertipp „Ostseeblick“, in der Poststraße. Einmal im Jahr gibts hier vom Smut das traditionelle Labskausessen für den Orther Seglerverein.
Der unvermeidbare Rundgang auf dem Deich aus den 1870er Jahren beginnt, wie könnte es anders sein, am Restaurant "Ostseeblick“ und endet 15 Minuten später am „Kap Orth“ - 54° 26`9“ Nord - 011° 03`08“ Ost. „Kap Orth“ ist eine Imbissbude wie sie schöner nicht sein kann. Du bestellst an der Theke und ein paar Minuten später wird Deine Bestellung per Lautsprecher „ausgesungen“.
„Kap Orth“, ganz am Ende des Hafens unter großen Bäumen und Sonnensegel versteckt, bietet was das Herz begehrt und heute kriegen wir auch noch was auf die Ohren - ausgerechnet jetzt spielt eine Jazzkapelle. Wie wir später erfahren ist die zusammen gewürfelte Kapelle noch nie gemeinsam aufgetreten. Klar hört man das, aber die Band spielt einen Supergig, die Musiker haben vermutlich noch mehr Spaß als das Publikum. Dazu sorgt die immer wieder spannende Frage, wie kommen die bloß heile aus diesem Stück raus, für Nervenkitzel und überrascht die Mucker manchmal selbst.
Viele Klassiker des Oldtimejazz müssen dran glauben und die Stimmung am „Kap Orth“ nähert sich Bft. 10. Die können doch gar nicht aufhören, denke ich und gäbe es Holztische und –bänke, wir würden drauf tanzen. Wie es sich für eine Jazzkapelle gehört marschiert die Band beim Titel „Burbon Street Parade“ auch wirklich durchs Publikum. Wir sind begeistert und meine Gedanken swingen weit zurück in die Burbon Street, wo ich als 18jähriger Leichtmatrose so gern unterwegs war. Im Zugabenteil gibt's auf der „nach unten offenen Geschmacksskala“, so der Tubist, mit „Icecream“ noch einmal Lebensfreude pur.
Hier geht wirklich die (Flaschen)Post ab.
What a wonderful world am „Kap Orth“, nächste Woche mit Soulklassikern, wieder umsonst & draußen.
Sonntag, der 23. Juli 06
O – SO, 2 - 3
Gefühlt sind wir wohl schon eine ganze Woche unterwegs, obwohl wir doch noch Vorgestern im Stau gesteckt haben. Es scheint, als würden wir an diesem Wochenende rund um "Kap Orth" die Langsamkeit entdecken. Am Morgen brennt die Sonne wieder gnadenlos auf das Sonnensegel, geht der Skipper bei Kaiser-Wilhelm baden, lösen sich langsam die sorgfältig "verschnürten Päckchen“ und auf "Kalami" werden die Vor- und Achterleinen vorbereitet. "Klar vorn und achtern". Gleich nach dem Ablegen wird im Hafen das Groß gesetzt. Wir wollen nur mal eben rüber nach Heiligenhafen.
Die Überfahrt wird zum reinen Segelvergnügen, 4 – 5 Bft. von vorn, 20° Lage und um die 5 Knoten machen richtig Spaß. So fühlt sich Segeln an, sind Martina und Bernd begeistert von der für mich angenehmsten Form des Reisens, auch wenn wir an Heiligenhafen Ost Höhe kneifen. Dass Sabine „Kalami“ wieder einmal sicher in die Box fährt wird als weiterer Gewinn verbucht.
Der für alle hoch verdiente „Anleger“ wird bei Temperaturen um die 30° vorsichtig unterlaufen. Obwohl die Crew allen Grund hat, sich gehörig bei Rasmus zu bedanken, wird der Sherry nur von 50 % der Besatzung geordert. Hoffentlich geht das gut, denn unsere Glückssträhne hält nach Packen, Reinschiff und auf der Heimreise weiter an. Wie gut also, dass wir Rasmus einen gehörigen Schluck eingeschenkt hatten. Ohne Stau und in einem klimatisierten Auto unterwegs rückt ein Automat in der Raststätte Brunautal unaufgefordert so viele Gutscheine raus, dass der Volvoskipper kostenlos mit einem vorzüglichen Eis im Werte von 2,55 € versorgt werden kann.
Seglerherz, was willst Du meer…
P.S. Für die Fotos ist vor und hinter der Camera allein die Crew verantwortlich.
Im Stau auf der A 1 zwischen Maschen und Moorburg ist die Entdeckung der Langsamkeit nun wirklich keine Kunst. Die hinter uns liegenden Arbeitswochen werden noch auf der Autobahn abgehandelt und die maximalen Segelmöglichkeiten in die eine oder andere Richtung (Poel oder Langeland?) ausgelotet. Diesmal sind von rechts nach links mit dabei:
Bernd, inzwischen beim dritten Wochenendtörn, daneben Martina mit A-Schein und der Erfahrung eines Sardinientörns, links Sabine & Ralf
Und was macht die Crew am Freitagabend? Die Besatzung segelt nicht nur durch die Sicherheitseinweisung an Bord von „Kalami“ oder kauft ein, sondern ist auch noch auf heimatkundlichen Pfaden unterwegs durch Heiligenhafen - offizielle Fotos der Stadt Heiligenhafen gibt es besser hier, von uns nur ein paar kleine Einblicke:
Punktgenau als die rote Sonne im Meer versinkt erreichen wir den Strand (unten). Nur ein Kitesurfer der sich mit Speed und Sprüngen intensiv müht, alle Augenblicke auf sich zu ziehen, stört auf egoistische Weise das wunderbare Schauspiel – nicht wirklich. Danach geht nur noch Doppelkopf an kühlem Weißwein bei Petroleumlicht im Cockpit. Wie war das noch mit Alkohol und „Seekrankheit“ ein paar Berichte zurück? Vergiss es, welche Crew hört schon auf den Skipper!
Samstag, der 22. Juli 06
Der Wetterbericht verspricht mit NW – W, 3 – 4, abflauend ...
... einen eher langweiligen Segeltag, von wegen Langeland oder Poel. Natürlich ist es für Martina spannend, nach langer Zeit mal wieder am Ruder zu stehen, Segel zu setzen und sich Wind und Wellen hinzugeben. Was wir am Vorabend aber schon ahnten, „…ein bisschen mulmig ist mir schon“, klärt Rasmus diesmal auf ungewohnt gnädige Weise – die Flaute beendet alle Anzeichen aufkommender „Seekrankheit“. Sei's drum, wir kommen ohnehin nur vor die „Haustür“, treiben uns in der Nähe von Flügge herum und werfen, vom Wind verlassen, den Schlickhaken am „Krummsteert“ (hier ein Link zur webcam), einem Sandhaken, der die Orther Bucht im Südwesten abschließt. Bei 29° im Schatten und in der denkbar knappsten Sportbekleidung werden die begnadeten Körper zu Wasser gelassen und auch das Beiboot „Kalamini“ einer Erprobung unterzogen. Der Aufbau des Bananaboot wird auf dem engen Vorschiff zum Geschicklichkeitstest, der nur mit viel Kraft und kaum schneller als in 15 Minuten abgeschlossen wird. Hier demonstriert uns der Hersteller (dieser Klick führt zu einem Video) mal eben den Aufbau in fünf Minuten. Aus Platzgründen geht das an Bord lange nicht so "kinderleicht", aber dann schwimmt neben "Kalamini" auch die Crew.
Dieser paradiesische Ort und die damit verbundene „Sulsdorfer Wiek“ stehen natürlich unter Naturschutz, aber auch bei nicht unter Naturschutz stehenden Seglern ist diese Gegend ausgesprochen beliebt. Immer mehr Ankerlieger gehen hier baden und wenn nach der körperlichen Ertüchtigung, im Schatten des Sonnensegels zu den Tortelettes mit frischer, selbst gemachter Kirschgrütze auch noch Capuccino gereicht wird, ist das schon ein ganz besonderes Vergnügen.
Später finden wir im Hafen von Orth zwar keine freie Box, aber einen freien Parkplatz an der Kaimauer, direkt vor dem Büro des Hafenmeisters. Dass sich während der Hauptsaison zur Nacht daraus „Päckchen“ entwickeln wundert in diesem beliebten Hafen niemanden. An anderer Stelle habe ich ja schon viel über Orth erzählt, aber wer buchstäblich alles über die Hafengeschichte nachlesen möchte wird auf der homepage des Oldtimerfischkutters „Amoy“ vorzüglich bedient. Immer wieder ist darin von der Großen Sturmflut von 1872 die Rede. Diese Sturmflut verwüstete in der Nacht vom 12. auf den 13. November die Ostseeküste von Dänemark bis Pommern und gilt als bisher schwerste Ostseesturmflut.
In den Tagen vor der Sturmflut blies ein Sturm aus Südwest über das Land, der das Wasser der Ostsee Richtung Baltikum und Finnland trieb. Das Ergebnis: Hochwasser im Nordosten und extremes Niedrigwasser an den deutschen Küsten und aus der Nordsee strömten gewaltige Wassermengen in die westliche Ostsee. Plötzlich drehte der inzwischen zum Orkan verstärkte Sturm auf Nordost und trieb die Wassermassen Richtung südwestliche Küste. Da das Wasser nur langsam wieder in die Nordsee zurückfließen konnte, überraschten am frühen Morgen des 13. November 1872 große Wellen die schlafenden Küstenbewohner und führten zu meterhohem Hochwasser (3,30 m über NN) in den Küstenorten - Quelle Wikipedia.
Von dieser Geschichte ist die Crew 134 Jahre entfernt und is(s)t dazu vom "Piratennest" einigermaßen bedient, obwohl der Platz auf der Terrasse für Sehleute nicht zu toppen ist. Das Essen war hier schon mal ein größeres Vergnügen und als Entschuldigung darf bitte nicht die Hauptsaison herhalten, schließlich wird der Preis auch nicht reduziert. Nur wohin sonst? Der Futterkutter hat dicht und griechisch auf Fehmarn? Nein Danke! Leider ist das "Café Sorgenfrei" ins Rettungshaus nach Burg Tiefe umgezogen und die Nachfolger klappen gerade den Bürgersteig hoch. Bleibt für den nächsten Orthstermin nur der Insulanertipp „Ostseeblick“, in der Poststraße. Einmal im Jahr gibts hier vom Smut das traditionelle Labskausessen für den Orther Seglerverein.
Der unvermeidbare Rundgang auf dem Deich aus den 1870er Jahren beginnt, wie könnte es anders sein, am Restaurant "Ostseeblick“ und endet 15 Minuten später am „Kap Orth“ - 54° 26`9“ Nord - 011° 03`08“ Ost. „Kap Orth“ ist eine Imbissbude wie sie schöner nicht sein kann. Du bestellst an der Theke und ein paar Minuten später wird Deine Bestellung per Lautsprecher „ausgesungen“.
„Kap Orth“, ganz am Ende des Hafens unter großen Bäumen und Sonnensegel versteckt, bietet was das Herz begehrt und heute kriegen wir auch noch was auf die Ohren - ausgerechnet jetzt spielt eine Jazzkapelle. Wie wir später erfahren ist die zusammen gewürfelte Kapelle noch nie gemeinsam aufgetreten. Klar hört man das, aber die Band spielt einen Supergig, die Musiker haben vermutlich noch mehr Spaß als das Publikum. Dazu sorgt die immer wieder spannende Frage, wie kommen die bloß heile aus diesem Stück raus, für Nervenkitzel und überrascht die Mucker manchmal selbst.
Viele Klassiker des Oldtimejazz müssen dran glauben und die Stimmung am „Kap Orth“ nähert sich Bft. 10. Die können doch gar nicht aufhören, denke ich und gäbe es Holztische und –bänke, wir würden drauf tanzen. Wie es sich für eine Jazzkapelle gehört marschiert die Band beim Titel „Burbon Street Parade“ auch wirklich durchs Publikum. Wir sind begeistert und meine Gedanken swingen weit zurück in die Burbon Street, wo ich als 18jähriger Leichtmatrose so gern unterwegs war. Im Zugabenteil gibt's auf der „nach unten offenen Geschmacksskala“, so der Tubist, mit „Icecream“ noch einmal Lebensfreude pur.
Hier geht wirklich die (Flaschen)Post ab.
What a wonderful world am „Kap Orth“, nächste Woche mit Soulklassikern, wieder umsonst & draußen.
Sonntag, der 23. Juli 06
O – SO, 2 - 3
Gefühlt sind wir wohl schon eine ganze Woche unterwegs, obwohl wir doch noch Vorgestern im Stau gesteckt haben. Es scheint, als würden wir an diesem Wochenende rund um "Kap Orth" die Langsamkeit entdecken. Am Morgen brennt die Sonne wieder gnadenlos auf das Sonnensegel, geht der Skipper bei Kaiser-Wilhelm baden, lösen sich langsam die sorgfältig "verschnürten Päckchen“ und auf "Kalami" werden die Vor- und Achterleinen vorbereitet. "Klar vorn und achtern". Gleich nach dem Ablegen wird im Hafen das Groß gesetzt. Wir wollen nur mal eben rüber nach Heiligenhafen.
Die Überfahrt wird zum reinen Segelvergnügen, 4 – 5 Bft. von vorn, 20° Lage und um die 5 Knoten machen richtig Spaß. So fühlt sich Segeln an, sind Martina und Bernd begeistert von der für mich angenehmsten Form des Reisens, auch wenn wir an Heiligenhafen Ost Höhe kneifen. Dass Sabine „Kalami“ wieder einmal sicher in die Box fährt wird als weiterer Gewinn verbucht.
Der für alle hoch verdiente „Anleger“ wird bei Temperaturen um die 30° vorsichtig unterlaufen. Obwohl die Crew allen Grund hat, sich gehörig bei Rasmus zu bedanken, wird der Sherry nur von 50 % der Besatzung geordert. Hoffentlich geht das gut, denn unsere Glückssträhne hält nach Packen, Reinschiff und auf der Heimreise weiter an. Wie gut also, dass wir Rasmus einen gehörigen Schluck eingeschenkt hatten. Ohne Stau und in einem klimatisierten Auto unterwegs rückt ein Automat in der Raststätte Brunautal unaufgefordert so viele Gutscheine raus, dass der Volvoskipper kostenlos mit einem vorzüglichen Eis im Werte von 2,55 € versorgt werden kann.
Seglerherz, was willst Du meer…
P.S. Für die Fotos ist vor und hinter der Camera allein die Crew verantwortlich.
Hast Du am Wochenende Zeit?
Nein, eher nicht, wir hab'n schon das Segelwochenende gestrichen, weil wir am Haus arbeiten müssen.
Ich will mir ein Boot kaufen, hier in Hannover, auf dem Kanal in Seelze.
Wahas? Naja, wenn's nicht so lange dauert..., aber von Motorbooten hab' ich überhaupt keine Ahnung...
Vier Augen sehen mehr als zwei!
Na gut, sage ich zu - und bin sowas von neugierig.
Monika gehört auf's Wasser. Nach dem Zimmer in Altona mit Blick auf die Elbe, dem Job in Bremen, ersten Segelerfahrungen, ihrem Hausboot in Hameln und einer langen maritimen Durststrecke in Braunschweig nun endlich wieder in Hannover an der Leine. Schließlich kommt man von hier aus überall hin - auch auf dem Wasser. Nach Hameln sowieso, in die Gegenrichtung nach Bremen erst recht (immer via Minden). Hamburg? Elbe-Seitenkanal. Der Mittellandkanal erschließt die maritime Welt.
Drei Tage später bin ich "Bootssachverständiger", treffen wir auf einen Eigner ohne Führerschein, klappe ich Polster hoch, tauche unter die Vorschiffskojen, überprüfe die Gasanlage - was, kein Zertifikat? Fäkaltank? Gibt's nicht! Maschine mit Wellenanlage, Zweikreiskühlung, Warmwasserboiler, Ebersbächer Standheizung, Landstrom. Was für ein Steuerstand - trotzdem alles irgendwie vertraut, eigentlich fehlen nur die Segel. Propeller links- oder rechtsdrehend? Weiß ich nicht, sagt der Eigner.
Auf "SALTY DOG" muss die "Tochter" die Eltern skippern, also folgt mit Tochter und Vater ein kleiner Törn auf dem Lindener Zweigkanal. Sagt man Binnen überhaupt Törn? Keine Ahnung. "SALTY DOG" riecht nach Linoleum, kaltem Rauch und irgendwie nach abgestandenem Plüsch, das lässt sich ändern. Feuerlöscher und hässliche Feststoffwesten gibt's, der Rettungsring fehlt und das Sumlog läuft nicht - steckt vermutlich voller Algen, das kenne ich von "Kalami".
Auf Kurs zur künftigen "Wasserstadt" in Hannover-Limmer darf jeder mal an's Ruder. Wie schon seit vielen Tagen ist es so hochsommerlich heiß, dass im Kanal gebadet wird. Unter der schattigen Kuchenbude stört nur der 45 PS Mercedes-Diesel die Idylle. Für die Langstrecke sind Ohrstöppsel zu empfehlen oder das Radio noch lauter - so wird "SALTY DOG" zum Musikdampfer.
Und wie ist dieser Musikdampfer zu seinem abenteuerlichen Namen gekommen?
Ein "Salty Dog" ist im amerikanischen Sprachgebrauch ein mit allen Wassern gewaschener Seebär - wir würden vermutlich "Salzbuckel" sagen oder gern mit Achim Reichel "Kuddel Daddeldu". Solche Dschunx waren (und sind?) für romantische Mädels nach wie vor begehrte Liebhaber. Dass der Begriff bezüglich eines gewissen maskulinen Körperteils auch eine sexuelle Metaphorik hat, ist nahe liegend.
Also wurde über "Salty Dogs" viel erzählt - und gesungen. "A Salty Dog" von Procol Harum ist sicher die bekannteste (und für mich schönste) Fassung. Der Ursprung dieses Liedes ist nicht zu ermitteln. Die 1924 erstmals notierte Version stammt von "Papa Charlie Jackson". 1926 spielten "Freddie Kappard and his Jazz Cardinals" und 1935 "The Morris Brothers" den "Salty Dog Blues". 1964 folgte die Neuauflage mit "Jerry Garcia with the Black Mountain Boys" und nun war es nicht mehr weit zu Procol Harum (1968) oder Roger McGuinn von den Byrds.
Bleibt die Frage, was sucht ein Salziger Hund hier im süßen Kanalwasser? Kennt irgendein Vorbesitzer diese Geschichte? Vermutlich nicht, aber Monika wird's freuen. Wahrscheinlich schnappt sie sich ihre Geige und so gegen Weihnachten erfährt der "Salty Dog Blues" seine hannöversche Neuauflage. Hören wir mal in den "Salty Dog" von "Procol Harum" rein:
All hands on deck, I've run afloat!, I heard the captain cry
explore the ship, replace the cook: let no one leave alive!
Across the straits, around the horn: how far can sailors fly?
A twisted path, our tortured course, and no one left alive
We sailed for parts unknown to man, where ships come home to die.
No lofty peak, nor fortress bold, could match our captain's eye.
Upon the seventh seasick day we made our port of call.
A sand so white, and sea so blue, no mortal place at all
We fired the gun, and burnt the mast, and rowed from ship to shore.
The captain cried, we sailors wept: our tears were tears of joy.
Now many moons and many junes have passed since we made land.
A salty dog, this seaman's log: your witness my own hand
Danach die "Heimreise" mit den abschließenden Vertragsverhandlungen (rechts) und an dieser Stelle gratulieren wir Monika zur Remise auf dem Wasser. Längst hat sie sich zur Fahrschule angemeldet, aber wenigstens bis zur bestandenen Prüfung darf ich vielleicht auch mal fahren.
Wer neu auf dieser Seite ist und sich ebenfalls auf eine Prüfung vorbereiten möchte, der klicke auf diesen Link und scrolle sich nach unten durch. Interesse am Tuckern über Flüsse und Kanäle? Hier der Link zum Deutschen Motoryachtverband. Hier erfährst Du auch die Prüfungstermine - über die örtlichen Prüfungsausschüsse.
Ein paar Tage später ...
sind alle technischen Formalitäten mit Bank, Versicherung, Vorbesitzer und dem neuen Liegeplatz geklärt, "SALTY DOG" wird von Seelze nach Hannover-Limmer überführt. Die 5 km macht der Musikdampfer locker und es ist wirklich ein maritimes Vergnügen, sich Hannover vom Wasser aus zu nähern. Überall wird in diesem tropisch heißen Sommer gebadet, sind Menschen in Booten unterwegs, sodass wir gelegentlich langsame Fahrt machen müssen, um "Sog und Wellenschlag" zu vermeiden.
Hier wird "SALTY DOG" verabschiedet. Ob bei den Vorbesitzern Tränen fließen ist nicht überliefert, nur, dass wir zu sehr rechts fahren - Unsinn.
Bei km 149,50, kurz vor der Schleuse zum Leine-Abstiegskanal, die Ankunft im neuen Heimathafen, im Niedersächsischen Motorbootclub Hannover. "Das hier kenne ich doch", erinnere ich mich fünf Jahre zurück, "hier haben wir die praktische Prüfung für den Sportbootführerschein See abgelegt". Okay, das war 2001 und jenseits von Prüfungsstress lege ich mit vorsichtigem Schwung, und eben diesem Führerschein in der Tasche, 2006 hier erstmals wieder an. Wir sind da.
Das abschließende Captainsdinner wurde lieber auf solidem Lindener Parkett als auf der schwankenden "SALTY DOG" eingenommen.
Allzeit gute Fahrt.
Nein, eher nicht, wir hab'n schon das Segelwochenende gestrichen, weil wir am Haus arbeiten müssen.
Ich will mir ein Boot kaufen, hier in Hannover, auf dem Kanal in Seelze.
Wahas? Naja, wenn's nicht so lange dauert..., aber von Motorbooten hab' ich überhaupt keine Ahnung...
Vier Augen sehen mehr als zwei!
Na gut, sage ich zu - und bin sowas von neugierig.
Monika gehört auf's Wasser. Nach dem Zimmer in Altona mit Blick auf die Elbe, dem Job in Bremen, ersten Segelerfahrungen, ihrem Hausboot in Hameln und einer langen maritimen Durststrecke in Braunschweig nun endlich wieder in Hannover an der Leine. Schließlich kommt man von hier aus überall hin - auch auf dem Wasser. Nach Hameln sowieso, in die Gegenrichtung nach Bremen erst recht (immer via Minden). Hamburg? Elbe-Seitenkanal. Der Mittellandkanal erschließt die maritime Welt.
Drei Tage später bin ich "Bootssachverständiger", treffen wir auf einen Eigner ohne Führerschein, klappe ich Polster hoch, tauche unter die Vorschiffskojen, überprüfe die Gasanlage - was, kein Zertifikat? Fäkaltank? Gibt's nicht! Maschine mit Wellenanlage, Zweikreiskühlung, Warmwasserboiler, Ebersbächer Standheizung, Landstrom. Was für ein Steuerstand - trotzdem alles irgendwie vertraut, eigentlich fehlen nur die Segel. Propeller links- oder rechtsdrehend? Weiß ich nicht, sagt der Eigner.
Auf "SALTY DOG" muss die "Tochter" die Eltern skippern, also folgt mit Tochter und Vater ein kleiner Törn auf dem Lindener Zweigkanal. Sagt man Binnen überhaupt Törn? Keine Ahnung. "SALTY DOG" riecht nach Linoleum, kaltem Rauch und irgendwie nach abgestandenem Plüsch, das lässt sich ändern. Feuerlöscher und hässliche Feststoffwesten gibt's, der Rettungsring fehlt und das Sumlog läuft nicht - steckt vermutlich voller Algen, das kenne ich von "Kalami".
Auf Kurs zur künftigen "Wasserstadt" in Hannover-Limmer darf jeder mal an's Ruder. Wie schon seit vielen Tagen ist es so hochsommerlich heiß, dass im Kanal gebadet wird. Unter der schattigen Kuchenbude stört nur der 45 PS Mercedes-Diesel die Idylle. Für die Langstrecke sind Ohrstöppsel zu empfehlen oder das Radio noch lauter - so wird "SALTY DOG" zum Musikdampfer.
Und wie ist dieser Musikdampfer zu seinem abenteuerlichen Namen gekommen?
Ein "Salty Dog" ist im amerikanischen Sprachgebrauch ein mit allen Wassern gewaschener Seebär - wir würden vermutlich "Salzbuckel" sagen oder gern mit Achim Reichel "Kuddel Daddeldu". Solche Dschunx waren (und sind?) für romantische Mädels nach wie vor begehrte Liebhaber. Dass der Begriff bezüglich eines gewissen maskulinen Körperteils auch eine sexuelle Metaphorik hat, ist nahe liegend.
Also wurde über "Salty Dogs" viel erzählt - und gesungen. "A Salty Dog" von Procol Harum ist sicher die bekannteste (und für mich schönste) Fassung. Der Ursprung dieses Liedes ist nicht zu ermitteln. Die 1924 erstmals notierte Version stammt von "Papa Charlie Jackson". 1926 spielten "Freddie Kappard and his Jazz Cardinals" und 1935 "The Morris Brothers" den "Salty Dog Blues". 1964 folgte die Neuauflage mit "Jerry Garcia with the Black Mountain Boys" und nun war es nicht mehr weit zu Procol Harum (1968) oder Roger McGuinn von den Byrds.
Bleibt die Frage, was sucht ein Salziger Hund hier im süßen Kanalwasser? Kennt irgendein Vorbesitzer diese Geschichte? Vermutlich nicht, aber Monika wird's freuen. Wahrscheinlich schnappt sie sich ihre Geige und so gegen Weihnachten erfährt der "Salty Dog Blues" seine hannöversche Neuauflage. Hören wir mal in den "Salty Dog" von "Procol Harum" rein:
All hands on deck, I've run afloat!, I heard the captain cry
explore the ship, replace the cook: let no one leave alive!
Across the straits, around the horn: how far can sailors fly?
A twisted path, our tortured course, and no one left alive
We sailed for parts unknown to man, where ships come home to die.
No lofty peak, nor fortress bold, could match our captain's eye.
Upon the seventh seasick day we made our port of call.
A sand so white, and sea so blue, no mortal place at all
We fired the gun, and burnt the mast, and rowed from ship to shore.
The captain cried, we sailors wept: our tears were tears of joy.
Now many moons and many junes have passed since we made land.
A salty dog, this seaman's log: your witness my own hand
Danach die "Heimreise" mit den abschließenden Vertragsverhandlungen (rechts) und an dieser Stelle gratulieren wir Monika zur Remise auf dem Wasser. Längst hat sie sich zur Fahrschule angemeldet, aber wenigstens bis zur bestandenen Prüfung darf ich vielleicht auch mal fahren.
Wer neu auf dieser Seite ist und sich ebenfalls auf eine Prüfung vorbereiten möchte, der klicke auf diesen Link und scrolle sich nach unten durch. Interesse am Tuckern über Flüsse und Kanäle? Hier der Link zum Deutschen Motoryachtverband. Hier erfährst Du auch die Prüfungstermine - über die örtlichen Prüfungsausschüsse.
Ein paar Tage später ...
sind alle technischen Formalitäten mit Bank, Versicherung, Vorbesitzer und dem neuen Liegeplatz geklärt, "SALTY DOG" wird von Seelze nach Hannover-Limmer überführt. Die 5 km macht der Musikdampfer locker und es ist wirklich ein maritimes Vergnügen, sich Hannover vom Wasser aus zu nähern. Überall wird in diesem tropisch heißen Sommer gebadet, sind Menschen in Booten unterwegs, sodass wir gelegentlich langsame Fahrt machen müssen, um "Sog und Wellenschlag" zu vermeiden.
Hier wird "SALTY DOG" verabschiedet. Ob bei den Vorbesitzern Tränen fließen ist nicht überliefert, nur, dass wir zu sehr rechts fahren - Unsinn.
Bei km 149,50, kurz vor der Schleuse zum Leine-Abstiegskanal, die Ankunft im neuen Heimathafen, im Niedersächsischen Motorbootclub Hannover. "Das hier kenne ich doch", erinnere ich mich fünf Jahre zurück, "hier haben wir die praktische Prüfung für den Sportbootführerschein See abgelegt". Okay, das war 2001 und jenseits von Prüfungsstress lege ich mit vorsichtigem Schwung, und eben diesem Führerschein in der Tasche, 2006 hier erstmals wieder an. Wir sind da.
Das abschließende Captainsdinner wurde lieber auf solidem Lindener Parkett als auf der schwankenden "SALTY DOG" eingenommen.
Allzeit gute Fahrt.
An dieser Stelle oute ich mich mal als Fußballfan
Jetzt, wo der "Adenauer" überall aufgetucht wird, zeigen auch wir Flagge. Für nicht segelnde Fußballfans sei der Hinweis erlaubt, das schwarzrotgoldene Tuch wird an der Küste und auf der hohen See "Adenauer" genannt. Ja "Adenauer", nicht Angie und auch nicht Klinsi.
Viele Wochen vor der WM folgte wohl nur mein Sohn Ben (TUS Ricklingen) den "Sportfreunden Stiller":
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein
Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.
Segeln oder lieber doch die WM? Überraschend entwickelt sich das Spiel zu meinen Gunsten, weil Sabine, die den Ball bisher nicht unbedingt zum Freund hatte, denselben plötzlich gar nicht mehr hergeben will. Sie will auch lieber die WM sehen und damit liegen wir beide in Führung. Der Skipper, früher Mittelfeldspieler beim legendären SV Eime, muss das ganz sensibel eingefädelt haben, aber das ist eine ganz andere Geschichte...
Aber wo gucken? Zu zweit allein vor der Glotze, an der Küste unterwegs mit Stopps in TV-Marinas oder doch lieber mit der Fünferkette (Dokorunde) in Hannover? Zwei Wochen vor dem Anpfiff spielt Bernd den genialen Pass in die Tiefe und die "Knipser" in der Spitze machen das Tor - Thiemgeist eben. Schnell wechselt das bisher in der Dammstraße heimische 3 x 9 m große Partyzelt an den Eulenspiegelweg, liefert der inzwischen auch familiär gut aufgestellte PC-Spezialist das Equipment und nach der gelungenen Generalprobe geht die "Eulenspiegelarena" ans Netz. Sofort werden die Schilder für eine problemlose Anreise montiert:
Zur "Eulenspiegelarena" gelangt man, nach der viel umjubelten WM-Abfahrt der Oranjes, drei Ausfahrten später. "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", aber Du schaffst das - rechts zoomt sich bereits der Polizeihubschrauber der Verkehrsleitzentrale immer tiefer zur Arena herunter.
Nun aber mittendrin statt nur dabei: Links sehen wir schon Mannschaft, Trainerstab, Management, die medizinische Abteilung (mit dem green drink "soccer solution") und wir werfen einen ersten Blick in die taktische Vorbereitung.
Entspannt und gelassen diskutiert der Trainerstab Masterplan und Laktatwerte (den Heimtrainern ist darüber inzwischen das Lachen vergangen). Auf der anderen Seite herrscht im Kader vorsichtiger Optimismus auf einen Stammplatz. "Natürlich wollen wir uns nicht aufdrängen, das entscheidet allein der Trainer..."
Noch lässt sich das Mittelfeld (links) mit einfachen Körpertäuschungen aus dem Konzept bringen, während der Angriff, inmitten der Heilpflanzen von Dr. Müller-Wohlfahrt, konzentriert den Anweisungen der medizinischen Abteilung (rechts) folgt.
Wir sind aggressiv, offensiv, selbstbewußt, schnell, attraktiv und erfolgreich, so schreibt es auch der Beamer auf die Leinwand und daran lässt diese Mannschaft keinen Zweifel. Nur bei der patriotischen Einstimmung gibt es, wie wir links sehen, noch vereinzelte Abstimmungsprobleme. Jürgen Klinsmann, Jogi Löw, Oliver Bierhoff und Andi Köpcke (von links nach rechts) bleibt keine andere Wahl, die Übung wird wiederholt. Also nochmal alle Strophen der Nationalhymne mit den Sportfreunden Stiller:
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Wir haben nicht die höchste Spielkultur.
Sind nicht gerade filigran.
Doch wir haben Träume und Visionen
und in der Hinterhand nen Masterplan.
Für unseren langen Wege aus der Krise
und aus der Depression,
lautet die Devise nichts wie rauf auf den Fußballthron.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Die ganze Welt greift nach dem goldenen Pokal,
doch nur einer hält ihn fest,
so ist es nun einmal.
Die ganze Welt spielt sich um den Verstand,
doch der Cup bleibt in unserem Land.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein
Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Inzwischen ist die Mannschaft gut eingespielt und damit hat Jürgen Klinsmann alles richtig gemacht, was man überhaupt richtig machen kann. Er hat voll auf die Karte Fitness gesetzt, den Teamgeist beschworen und ganz besonders die Joker. Und genau so gehen unsere Jungs an die Arbeit. Links das konzentrierte Mittelfeld mit dem Abräumer vor der Viererkette. Rechts die tief gestaffelte deutsche Abwehr. Die Innenverteigung steht, die Null sowieso. Spielstand zur Halbzeit? "Es steht im Augenblick 0:0, aber es hätte auch umgekehrt lauten können", Heribert Faßbender.
Einige Spieler sind nach der ersten Hälfte völlig platt, haben sich total verausgabt, aber die medizinische Abteilung kriegt auch erfahrene Führungsspieler wieder hin. Sorgfältig wird der Pausentee gezapft, wird leichte regionale Küche verabreicht und der Akku wieder aufgeladen. Nur einige halbgare Schinkengriller jammern mit Herbert Grönemeyer, "Zeit, dass sich was dreht". Einer geht noch? "Mann, wir Schwatten müssen doch zusammenhalten", Anthony Baffoe nach gelber Karte zum Schiri.
Während sich die Spielerfrauen in der Halbzeitpause im Grünbereich der Vip-Lounge entspannen, analysieren die selbsternannten Experten das flexible Spiel der Mittelfeldraute ... und natürlich die eigenen Wettchancen. Nur Einer tippt immer besser! "Eins ist klar, die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen," so der Völkerkundler Franz Beckenbauer.
Die vom Arena-DJ in der Pause nochmal aufgelegte Mucke von Xavier Naidoo, "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", wird auf dem Weg zum Buffet als wenig passend empfunden.
Nach der Pause ist der Angriff noch stärker gefordert, findet in den Folgeminuten jedoch kein Rezept, die Außen können sich nicht entscheidend durchsetzen, durch die Mitte läuft das deutsche Team wie gegen eine Wand. Endlich bringt Klinsmann die Joker (rechts) und setzt auf noch mehr Risiko in der Offensive. Dann dieses blöde Foul. "Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben", Johannes B. Kerner.
Egal, Deutschland erhöht den Druck weiter, dominiert das Spiel und endlich, endlich fällt der alles entscheidende Treffer. Die "Eulenspiegelarena" steht Kopf. Es gibt kein Halten mehr. Wahnsinn, wir haben gewonnen und mehr oder weniger befreundete Menschen liegen sich in den nackten Armen. Die Party geht weiter. Achtelfinale, Viertelfinale und im Halbfinale wird der Traum zwei Minuten vor dem Elfmeterschießen zum ... Albtraum? Nein, nein nicht wirklich, niemand durfte ernsthaft mit diesem Erfolg rechnen. "Wir feiern den dritten Platz, als wär' der Erste nichts," so Jürgen Klopp im Einklang mit den Fans in der "Eulenspiegelarena". Jürgen Klinsmann und seine Jungs haben eine super WM gespielt.
Partyotismus pur. Der Eulenspiegelweg nach dem Abpfiff und einen Steinwurf weiter wird auf dem Mittellandkanal schon ein neues Lied gesungen:
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2010
ja so stimmen wir alle ein mit dem Herz in der Hand
und der Leidenschaft im Bein werden wir Weltmeister sein
Das soll's nun vom Fußball gewesen sein, jetzt wird wieder gesegelt. Vielen Dank Jürgen Klinsmann und ganz besonders Martina und Bernd. Wir waren in der schönsten Arena der Welt zu Gast bei Freunden.
Jetzt, wo der "Adenauer" überall aufgetucht wird, zeigen auch wir Flagge. Für nicht segelnde Fußballfans sei der Hinweis erlaubt, das schwarzrotgoldene Tuch wird an der Küste und auf der hohen See "Adenauer" genannt. Ja "Adenauer", nicht Angie und auch nicht Klinsi.
Viele Wochen vor der WM folgte wohl nur mein Sohn Ben (TUS Ricklingen) den "Sportfreunden Stiller":
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein
Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.
Segeln oder lieber doch die WM? Überraschend entwickelt sich das Spiel zu meinen Gunsten, weil Sabine, die den Ball bisher nicht unbedingt zum Freund hatte, denselben plötzlich gar nicht mehr hergeben will. Sie will auch lieber die WM sehen und damit liegen wir beide in Führung. Der Skipper, früher Mittelfeldspieler beim legendären SV Eime, muss das ganz sensibel eingefädelt haben, aber das ist eine ganz andere Geschichte...
Aber wo gucken? Zu zweit allein vor der Glotze, an der Küste unterwegs mit Stopps in TV-Marinas oder doch lieber mit der Fünferkette (Dokorunde) in Hannover? Zwei Wochen vor dem Anpfiff spielt Bernd den genialen Pass in die Tiefe und die "Knipser" in der Spitze machen das Tor - Thiemgeist eben. Schnell wechselt das bisher in der Dammstraße heimische 3 x 9 m große Partyzelt an den Eulenspiegelweg, liefert der inzwischen auch familiär gut aufgestellte PC-Spezialist das Equipment und nach der gelungenen Generalprobe geht die "Eulenspiegelarena" ans Netz. Sofort werden die Schilder für eine problemlose Anreise montiert:
Zur "Eulenspiegelarena" gelangt man, nach der viel umjubelten WM-Abfahrt der Oranjes, drei Ausfahrten später. "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", aber Du schaffst das - rechts zoomt sich bereits der Polizeihubschrauber der Verkehrsleitzentrale immer tiefer zur Arena herunter.
Nun aber mittendrin statt nur dabei: Links sehen wir schon Mannschaft, Trainerstab, Management, die medizinische Abteilung (mit dem green drink "soccer solution") und wir werfen einen ersten Blick in die taktische Vorbereitung.
Entspannt und gelassen diskutiert der Trainerstab Masterplan und Laktatwerte (den Heimtrainern ist darüber inzwischen das Lachen vergangen). Auf der anderen Seite herrscht im Kader vorsichtiger Optimismus auf einen Stammplatz. "Natürlich wollen wir uns nicht aufdrängen, das entscheidet allein der Trainer..."
Noch lässt sich das Mittelfeld (links) mit einfachen Körpertäuschungen aus dem Konzept bringen, während der Angriff, inmitten der Heilpflanzen von Dr. Müller-Wohlfahrt, konzentriert den Anweisungen der medizinischen Abteilung (rechts) folgt.
Wir sind aggressiv, offensiv, selbstbewußt, schnell, attraktiv und erfolgreich, so schreibt es auch der Beamer auf die Leinwand und daran lässt diese Mannschaft keinen Zweifel. Nur bei der patriotischen Einstimmung gibt es, wie wir links sehen, noch vereinzelte Abstimmungsprobleme. Jürgen Klinsmann, Jogi Löw, Oliver Bierhoff und Andi Köpcke (von links nach rechts) bleibt keine andere Wahl, die Übung wird wiederholt. Also nochmal alle Strophen der Nationalhymne mit den Sportfreunden Stiller:
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Wir haben nicht die höchste Spielkultur.
Sind nicht gerade filigran.
Doch wir haben Träume und Visionen
und in der Hinterhand nen Masterplan.
Für unseren langen Wege aus der Krise
und aus der Depression,
lautet die Devise nichts wie rauf auf den Fußballthron.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Die ganze Welt greift nach dem goldenen Pokal,
doch nur einer hält ihn fest,
so ist es nun einmal.
Die ganze Welt spielt sich um den Verstand,
doch der Cup bleibt in unserem Land.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein
Beim ersten mal war es ein Wunder,
beim zweiten mal war es Glück,
beim dritten mal der verdiente Lohn
und diesmal wird's ne Sensation.
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
54, 74, 90, 2006
ja so stimmen wir alle ein.
Mit dem Herz in der Hand und der Leidenschaft im Bein
werden wir Weltmeister sein.
Inzwischen ist die Mannschaft gut eingespielt und damit hat Jürgen Klinsmann alles richtig gemacht, was man überhaupt richtig machen kann. Er hat voll auf die Karte Fitness gesetzt, den Teamgeist beschworen und ganz besonders die Joker. Und genau so gehen unsere Jungs an die Arbeit. Links das konzentrierte Mittelfeld mit dem Abräumer vor der Viererkette. Rechts die tief gestaffelte deutsche Abwehr. Die Innenverteigung steht, die Null sowieso. Spielstand zur Halbzeit? "Es steht im Augenblick 0:0, aber es hätte auch umgekehrt lauten können", Heribert Faßbender.
Einige Spieler sind nach der ersten Hälfte völlig platt, haben sich total verausgabt, aber die medizinische Abteilung kriegt auch erfahrene Führungsspieler wieder hin. Sorgfältig wird der Pausentee gezapft, wird leichte regionale Küche verabreicht und der Akku wieder aufgeladen. Nur einige halbgare Schinkengriller jammern mit Herbert Grönemeyer, "Zeit, dass sich was dreht". Einer geht noch? "Mann, wir Schwatten müssen doch zusammenhalten", Anthony Baffoe nach gelber Karte zum Schiri.
Während sich die Spielerfrauen in der Halbzeitpause im Grünbereich der Vip-Lounge entspannen, analysieren die selbsternannten Experten das flexible Spiel der Mittelfeldraute ... und natürlich die eigenen Wettchancen. Nur Einer tippt immer besser! "Eins ist klar, die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen," so der Völkerkundler Franz Beckenbauer.
Die vom Arena-DJ in der Pause nochmal aufgelegte Mucke von Xavier Naidoo, "Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", wird auf dem Weg zum Buffet als wenig passend empfunden.
Nach der Pause ist der Angriff noch stärker gefordert, findet in den Folgeminuten jedoch kein Rezept, die Außen können sich nicht entscheidend durchsetzen, durch die Mitte läuft das deutsche Team wie gegen eine Wand. Endlich bringt Klinsmann die Joker (rechts) und setzt auf noch mehr Risiko in der Offensive. Dann dieses blöde Foul. "Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben", Johannes B. Kerner.
Egal, Deutschland erhöht den Druck weiter, dominiert das Spiel und endlich, endlich fällt der alles entscheidende Treffer. Die "Eulenspiegelarena" steht Kopf. Es gibt kein Halten mehr. Wahnsinn, wir haben gewonnen und mehr oder weniger befreundete Menschen liegen sich in den nackten Armen. Die Party geht weiter. Achtelfinale, Viertelfinale und im Halbfinale wird der Traum zwei Minuten vor dem Elfmeterschießen zum ... Albtraum? Nein, nein nicht wirklich, niemand durfte ernsthaft mit diesem Erfolg rechnen. "Wir feiern den dritten Platz, als wär' der Erste nichts," so Jürgen Klopp im Einklang mit den Fans in der "Eulenspiegelarena". Jürgen Klinsmann und seine Jungs haben eine super WM gespielt.
Partyotismus pur. Der Eulenspiegelweg nach dem Abpfiff und einen Steinwurf weiter wird auf dem Mittellandkanal schon ein neues Lied gesungen:
1 und 2 und 3 und 54, 74, 90, 2010
ja so stimmen wir alle ein mit dem Herz in der Hand
und der Leidenschaft im Bein werden wir Weltmeister sein
Das soll's nun vom Fußball gewesen sein, jetzt wird wieder gesegelt. Vielen Dank Jürgen Klinsmann und ganz besonders Martina und Bernd. Wir waren in der schönsten Arena der Welt zu Gast bei Freunden.
Nach dem Kurztörn "Fehmarn Rund" (siehe vorherigen Logbucheintrag) kam ich mir mit meinem Halbwissen gegenüber meinen Gästen ziemlich blöd vor. Also gehe ich jetzt, besser zu spät als nie, "Der Geißel der Seefahrer" auf den Grund, um zukünftig eine sinnvolle Einschätzung treffen zu können. Damit Du auch was davon hast, gibt's am Ende der Zusammenfassung die Möglichkeit zum download. Zu meiner Recherche:
Über das Suchwort „Seekrankheit“ gelangt man im www zunächst auf die vermutlich allen Seglern bekannte Seite www.esys.org. Unter der Überschrift „Seekrankheit, die Geißel der Seefahrer“ findest Du eine Zusammenfassung von Artikeln, Aufsätzen, Tipps von Seglern bis hin zur Fachberatung durch Pharmakonzerne und einem Brillenverkäufer. Die meisten Beiträge stammen von 1997 – 98, neueren Datums ist der Beitrag über die Forschung von Prof. Dr. Reinhard Jarisch über die "Histamin"-Toleranz und entsprechende Seglerkommentare aus dem Yachtforum - siehe download am Ende des Berichtes. Darüber hinaus gibt es noch einige aufschlussreiche privat betriebene Seiten (die leider häufig ohne Quellenangabe bei esys abkupfern) und der immer wieder interessante Bobby Schenk: „Ich glaube nicht, dass es jemand gibt, der völlig unempfindlich gegen die Seekrankheit ist. Und natürlich habe ich auch mit diesem Problem zu kämpfen, obwohl es mir bis jetzt noch immer gelungen ist, nicht kotzen zu müssen. Das erzähle ich vor allem als Trost für jene, die glauben wegen der Seekrankheit die Segelei an den Nagel hängen zu müssen" ... oder sich nicht oder nie wieder an Bord trauen. Es gibt also Hoffnung Andreas, Esther und Jörg, ... also weiter lesen:
Als Fahrtensegler mit gerade 2.500 sm und Nichtmediziner, habe ich mir erlaubt, Auszüge aus diesen Quellen subjektiv zusammenzufassen. Aufgrund z.T. erheblicher Nebenwirkungen vieler Medikamente ist vorab der Hinweis, zu Risiken und Nebenwirkungen besser mit dem Arzt oder Apotheker zu reden, durchaus ernst gemeint und entspricht guter Seemannschaft. Auf die Vorkehrungen die an oder unter Deck vor oder bei Schlechtwetter noch zu treffen sind, werde ich hier nur am Rande eingehen.
„Seekrankheit“ ist eigentlich ganz gesund ...
... und eine ganz normale, sinnvolle Reaktion, eher ein Zeichen von Gesundheit des Gleichgewichtsorgans. Selbst das Erbrechen erscheint sinnvoll, da durch die Magenentleerung der Blutfluss im Magendarmtrakt vermindert und somit dem Gehirn und den Muskeln im Rahmen eines Stressreflexes vermehrt Blut zur Verfügung gestellt wird. Die See- oder auch Reisekrankheit (Kinetose) kann also auch als Warnsignal angesehen werden, das dem Körper die Notwendigkeit anzeigt, sich aus einer bedrohlichen Situation rechtzeitig zurückzuziehen, so jedenfalls die Definition von Dr. Karl C. Mayer, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus Heidelberg.
Wer wird „seekrank“?
Dazu Markus Bärlocher: Kinder zwischen 2 und 12 sind häufiger „seekrank“, ab 50 tritt die Kinetose immer seltener auf (weil das Gleichgewichtsorgan im Alter zunehmend verkümmert, Klaus Dudenhöfer). 15% der Erwachsenen werden nie, 10% immer, 75% gelegentlich (z.B. zu Beginn des Törns oder bei schwerem Wetter) „seekrank“. Laut Bobby Schenk sind "nur" sehr alte Menschen, bei denen das Gleichgewichtsorgan (z.B. durch Verkalkung) unempfindlich geworden ist, im ruhigen Wasser. Nur sehr alte Menschen hat Bobby Schenk geschrieben, Du noch nicht!
Symptome:
Dr. Karl C. Mayer: Die Hauptsymptome der Kinetosen sind Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Mattigkeit, Hyperventilation, Schweißausbrüche sowie Herzklopfen. Schlimmes Erbrechen kann sogar im Extremfall zu gefährlichem Flüssigkeits- und Salzmangel im Körper führen. Kaltschweißigkeit kann bereits nach 1–2 min auftreten und stellt somit auch ein Frühsymptom dar. Die Gesichtsfarbe kann von fahler Blässe bis zu einer grünlichen Verfärbung reichen. Bei besonders anfälligen Personen und lange fortgesetzten Bewegungsreizen kann es schließlich zum Kreislaufkollaps kommen. In der harmlosesten Form tritt wiederholtes zwanghaftes Gähnen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Zwangsschlucken, Abgeschlagenheit, geistige Leere, Kopfschmerzen, Arbeitsunlust, Desinteresse bis hin zur Lethargie auf.
Was passiert da eigentlich ganz genau?
Treten diese Symptome auf, „…liegt das an den Signalen aus dem Innenohr, die das Gehirn nicht mit den optischen Eindrücken aus dem Auge in Einklang bringen kann. Verantwortlich sind die drei Bogengänge des Gleichgewichtsorgans, die wie die Raumebenen eines dreidimensionalen Koordinatenkreuzes senkrecht aufeinander stehen. In diesen Gängen befindet sich Flüssigkeit, die in Bewegung gerät, wenn der Körper seine Lage verändert. Haarzellen melden diese Flüssigkeitsströmung dem Gehirn. Auszug aus “ Warum Wale nicht seekrank werden", Rolf H. Latusseck, Welt am Sonntag.
Es ist nicht der Sehapparat alleine, so Prof. Dr. Reinhart Jarisch, der Seekrankheit ausmacht, denn auch Blinde können seekrank werden, sondern die Ursache der Seekrankheit hat mehr mit dem Gleichgewichtssinn und den gleichzeitig von Auge und Gleichgewichtsapparat ans Gehirn gelieferten Informationen zu tun. Passen diese Informationen nicht richtig zusammen, wird man irritiert = seekrank. Stress (z.B. Angst auf dem Schiff) führt zur Ausschüttung von Histamin. Blockiert man die Histamin-Produktion im Gehirn, tritt Seekrankheit nicht auf. Schweine werden nicht seekrank. Das liegt daran, dass diese ein Enzym namens DAO haben, welches Histamin neutralisiert. Histamin ist ein "biogenes Amin", das durch den bakteriellen Abbau der Aminosäure Histidin ensteht. Vitamin C baut Histamin am schnellsten ab - den ausführlichen Beitrag "Schweine werden nicht seekrank" aus YACHT Nr. 1/2005, S. 34-39, im download. Ein zweiter Beitrag, "Anlass zur Hoffnung", aus YACHT Nr. 7/2006, S. 46 - 49 gibt es ebenfalls im download.
Aus der Uni Leipzig erfahren wir über die Aufgabe der Hirnanhangsdrüse aus einem Experiment (GEO 06/92, S. 162), was einigen Menschen während einer Bootsfahrt bei stürmischer See widerfährt: Kopfschmerzen, Schwindel, Pulsanstieg und jenes drückende Gefühl in der Magengegend, das den "Rückwärtsgang" aus dem Magen ankündigt, im Medizinerjargon die "Reverse Peristaltik". Bei den für Seekrankheit anfälligen Personen stieg kurz nach Beginn des Experiments - und noch bevor die Übelkeit einsetzte - der Gehalt der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin im Blut an, und nach einigen weiteren Minuten schnellte der Spiegel von Vasopressin, einem Hormon der Hirnanhangdrüse, in extreme Höhen. Gleichzeitig nahm die Zahl der elektrischen Wellen, die von oben nach unten über den Magen wandern, von normalerweise drei auf neun zu. Bei den Probanden, die von der Versuchsanordnung unbeeindruckt blieben, fanden die Mediziner hingegen keine physiologischen Reaktionen. Womöglich könnten - so Koch - Medikamente, die in diesen Hormonkreislauf eingreifen, den Ausbruch der Reisekrankheit verhindern - etwa Substanzen, die Vasopressin zeitweilig blockieren.
Diplom-Psychologin und aktive Hochseeseglerin Gerti Claußen, Autorin des Buches "Seekrankheit aktiv bewältigen": Immer noch werden die psychischen Faktoren der Seekrankheit von Schulmedizinern als zweitrangige Ursachen abgetan. Neurophysiologisch betrachtet lassen sich Seekrankheit, Stress und Angst jedoch kaum voneinander trennen. Nicht die Sinnesreize an sich können als Ursache für die Seekrankheit angesehen werden, sondern erst ihre individuelle Bewertung in einem Teilabschnitt des Gehirns drückt ihnen den Stempel als Stressoren auf, die den organischen Anpassungsprozess stören. Unter den ungewöhnlichen und oftmals rauen Bedingungen auf See kann die Stress-Grenze schnell erreicht werden.
Gibt es Die Lösung?
Wenn alle Kriegsminister, Handelsschiffreeder, Busunternehmen oder Raumfahrer dieser Welt das Patentrezept gefunden hätten, wir Segler wüssten davon. Nein, es gibt nicht die Lösung.
Ob ich Schwerwettererfahrung habe, dazu noch ein "alter" Salzbuckel mit verkalktem Gleichgewichtsorgan bin oder als junger Mensch die ersten Erfahrungen auf der Ostsee segele macht den Unterschied. Unerfahrene Gäste stimme ich mit Sicherheit auf den bevorstehenden Törn ein, indem ich ihnen zusätzlich zur homepage frühzeitig Material zur Einstimmung anbiete. Die Gäste erfahren, dass sie sich auf Boot und Skipper verlassen können und sie erleben an Bord, dass alle Ziele mit ihnen abgestimmt werden. Sie sind aktiver Teil der Crew und müssen demzufolge selbst was tun.
Neben der inneren Vorbereitung, der richtigen Ausrüstung, angemessener Ernährung und warmer Kleidung gebe ich zukünftig besonders gern den Rat von Prof. Dr. Reinhart Jarisch an Gäste weiter, die sich noch unsicher fühlen:
Idealerweise sollte man eine Woche vor dem Törn mit der Einnahme von 75-mg-Cinnarizin-Kapseln (ein- bis zweimal täglich) beginnen. Das Medikament ist in Deutschland verschreibungspflichtig. Es blockiert die Histamin-Bindungsstellen (Rezeptoren) im Gehirn. Die Müdigkeitserscheinungen, die bei manchen als Nebenwirkungen eintreten, vergehen nach einigen Tagen. Dazu können mindestens zwei Gramm Vitamin C täglich die "Seekrankheit" unterdrücken. Beim Auftreten von Symptomen sollte zusätzlich Vitamin C in Form von 500-mg-Kautabletten über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. So wird vorhandenes Histamin abgebaut.
Zukünftig werde ich je nach Crew darauf achten, dass die Ernährung entsprechend angepasst wird, d.h. wenig histaminproduzierende Lebensmittel (kein Fleisch, keine Dauerwurst, keine eiweißreichen Fische wie Makrele, Thunfisch, Hering, kein Alkohol) sondern viel Obst, Saft und frisches Gemüse. Zusätzlich Vitamin C in Form von Kautabletten aufnehmen oder, falls vom Arzt verschrieben, histaminabbauende Medikamente wie z.B. Cinnarizin. Und natürlich ausreichend schlafen, Schlaf baut ganz erheblich Histamin ab. So weit also das Vorspiel.
Blättern wir zu unserem Kurztörn "Fehmarn-Rund" zurück und vergleichen Bedingungen, die das Auftreten der "Seekrankheit" begünstigen (links) mit unserem Verhalten (kursiv):
Über das Suchwort „Seekrankheit“ gelangt man im www zunächst auf die vermutlich allen Seglern bekannte Seite www.esys.org. Unter der Überschrift „Seekrankheit, die Geißel der Seefahrer“ findest Du eine Zusammenfassung von Artikeln, Aufsätzen, Tipps von Seglern bis hin zur Fachberatung durch Pharmakonzerne und einem Brillenverkäufer. Die meisten Beiträge stammen von 1997 – 98, neueren Datums ist der Beitrag über die Forschung von Prof. Dr. Reinhard Jarisch über die "Histamin"-Toleranz und entsprechende Seglerkommentare aus dem Yachtforum - siehe download am Ende des Berichtes. Darüber hinaus gibt es noch einige aufschlussreiche privat betriebene Seiten (die leider häufig ohne Quellenangabe bei esys abkupfern) und der immer wieder interessante Bobby Schenk: „Ich glaube nicht, dass es jemand gibt, der völlig unempfindlich gegen die Seekrankheit ist. Und natürlich habe ich auch mit diesem Problem zu kämpfen, obwohl es mir bis jetzt noch immer gelungen ist, nicht kotzen zu müssen. Das erzähle ich vor allem als Trost für jene, die glauben wegen der Seekrankheit die Segelei an den Nagel hängen zu müssen" ... oder sich nicht oder nie wieder an Bord trauen. Es gibt also Hoffnung Andreas, Esther und Jörg, ... also weiter lesen:
Als Fahrtensegler mit gerade 2.500 sm und Nichtmediziner, habe ich mir erlaubt, Auszüge aus diesen Quellen subjektiv zusammenzufassen. Aufgrund z.T. erheblicher Nebenwirkungen vieler Medikamente ist vorab der Hinweis, zu Risiken und Nebenwirkungen besser mit dem Arzt oder Apotheker zu reden, durchaus ernst gemeint und entspricht guter Seemannschaft. Auf die Vorkehrungen die an oder unter Deck vor oder bei Schlechtwetter noch zu treffen sind, werde ich hier nur am Rande eingehen.
„Seekrankheit“ ist eigentlich ganz gesund ...
... und eine ganz normale, sinnvolle Reaktion, eher ein Zeichen von Gesundheit des Gleichgewichtsorgans. Selbst das Erbrechen erscheint sinnvoll, da durch die Magenentleerung der Blutfluss im Magendarmtrakt vermindert und somit dem Gehirn und den Muskeln im Rahmen eines Stressreflexes vermehrt Blut zur Verfügung gestellt wird. Die See- oder auch Reisekrankheit (Kinetose) kann also auch als Warnsignal angesehen werden, das dem Körper die Notwendigkeit anzeigt, sich aus einer bedrohlichen Situation rechtzeitig zurückzuziehen, so jedenfalls die Definition von Dr. Karl C. Mayer, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus Heidelberg.
Wer wird „seekrank“?
Dazu Markus Bärlocher: Kinder zwischen 2 und 12 sind häufiger „seekrank“, ab 50 tritt die Kinetose immer seltener auf (weil das Gleichgewichtsorgan im Alter zunehmend verkümmert, Klaus Dudenhöfer). 15% der Erwachsenen werden nie, 10% immer, 75% gelegentlich (z.B. zu Beginn des Törns oder bei schwerem Wetter) „seekrank“. Laut Bobby Schenk sind "nur" sehr alte Menschen, bei denen das Gleichgewichtsorgan (z.B. durch Verkalkung) unempfindlich geworden ist, im ruhigen Wasser. Nur sehr alte Menschen hat Bobby Schenk geschrieben, Du noch nicht!
Symptome:
Dr. Karl C. Mayer: Die Hauptsymptome der Kinetosen sind Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Mattigkeit, Hyperventilation, Schweißausbrüche sowie Herzklopfen. Schlimmes Erbrechen kann sogar im Extremfall zu gefährlichem Flüssigkeits- und Salzmangel im Körper führen. Kaltschweißigkeit kann bereits nach 1–2 min auftreten und stellt somit auch ein Frühsymptom dar. Die Gesichtsfarbe kann von fahler Blässe bis zu einer grünlichen Verfärbung reichen. Bei besonders anfälligen Personen und lange fortgesetzten Bewegungsreizen kann es schließlich zum Kreislaufkollaps kommen. In der harmlosesten Form tritt wiederholtes zwanghaftes Gähnen, Müdigkeit, Schläfrigkeit, Zwangsschlucken, Abgeschlagenheit, geistige Leere, Kopfschmerzen, Arbeitsunlust, Desinteresse bis hin zur Lethargie auf.
Was passiert da eigentlich ganz genau?
Treten diese Symptome auf, „…liegt das an den Signalen aus dem Innenohr, die das Gehirn nicht mit den optischen Eindrücken aus dem Auge in Einklang bringen kann. Verantwortlich sind die drei Bogengänge des Gleichgewichtsorgans, die wie die Raumebenen eines dreidimensionalen Koordinatenkreuzes senkrecht aufeinander stehen. In diesen Gängen befindet sich Flüssigkeit, die in Bewegung gerät, wenn der Körper seine Lage verändert. Haarzellen melden diese Flüssigkeitsströmung dem Gehirn. Auszug aus “ Warum Wale nicht seekrank werden", Rolf H. Latusseck, Welt am Sonntag.
Es ist nicht der Sehapparat alleine, so Prof. Dr. Reinhart Jarisch, der Seekrankheit ausmacht, denn auch Blinde können seekrank werden, sondern die Ursache der Seekrankheit hat mehr mit dem Gleichgewichtssinn und den gleichzeitig von Auge und Gleichgewichtsapparat ans Gehirn gelieferten Informationen zu tun. Passen diese Informationen nicht richtig zusammen, wird man irritiert = seekrank. Stress (z.B. Angst auf dem Schiff) führt zur Ausschüttung von Histamin. Blockiert man die Histamin-Produktion im Gehirn, tritt Seekrankheit nicht auf. Schweine werden nicht seekrank. Das liegt daran, dass diese ein Enzym namens DAO haben, welches Histamin neutralisiert. Histamin ist ein "biogenes Amin", das durch den bakteriellen Abbau der Aminosäure Histidin ensteht. Vitamin C baut Histamin am schnellsten ab - den ausführlichen Beitrag "Schweine werden nicht seekrank" aus YACHT Nr. 1/2005, S. 34-39, im download. Ein zweiter Beitrag, "Anlass zur Hoffnung", aus YACHT Nr. 7/2006, S. 46 - 49 gibt es ebenfalls im download.
Aus der Uni Leipzig erfahren wir über die Aufgabe der Hirnanhangsdrüse aus einem Experiment (GEO 06/92, S. 162), was einigen Menschen während einer Bootsfahrt bei stürmischer See widerfährt: Kopfschmerzen, Schwindel, Pulsanstieg und jenes drückende Gefühl in der Magengegend, das den "Rückwärtsgang" aus dem Magen ankündigt, im Medizinerjargon die "Reverse Peristaltik". Bei den für Seekrankheit anfälligen Personen stieg kurz nach Beginn des Experiments - und noch bevor die Übelkeit einsetzte - der Gehalt der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin im Blut an, und nach einigen weiteren Minuten schnellte der Spiegel von Vasopressin, einem Hormon der Hirnanhangdrüse, in extreme Höhen. Gleichzeitig nahm die Zahl der elektrischen Wellen, die von oben nach unten über den Magen wandern, von normalerweise drei auf neun zu. Bei den Probanden, die von der Versuchsanordnung unbeeindruckt blieben, fanden die Mediziner hingegen keine physiologischen Reaktionen. Womöglich könnten - so Koch - Medikamente, die in diesen Hormonkreislauf eingreifen, den Ausbruch der Reisekrankheit verhindern - etwa Substanzen, die Vasopressin zeitweilig blockieren.
Diplom-Psychologin und aktive Hochseeseglerin Gerti Claußen, Autorin des Buches "Seekrankheit aktiv bewältigen": Immer noch werden die psychischen Faktoren der Seekrankheit von Schulmedizinern als zweitrangige Ursachen abgetan. Neurophysiologisch betrachtet lassen sich Seekrankheit, Stress und Angst jedoch kaum voneinander trennen. Nicht die Sinnesreize an sich können als Ursache für die Seekrankheit angesehen werden, sondern erst ihre individuelle Bewertung in einem Teilabschnitt des Gehirns drückt ihnen den Stempel als Stressoren auf, die den organischen Anpassungsprozess stören. Unter den ungewöhnlichen und oftmals rauen Bedingungen auf See kann die Stress-Grenze schnell erreicht werden.
Gibt es Die Lösung?
Wenn alle Kriegsminister, Handelsschiffreeder, Busunternehmen oder Raumfahrer dieser Welt das Patentrezept gefunden hätten, wir Segler wüssten davon. Nein, es gibt nicht die Lösung.
Ob ich Schwerwettererfahrung habe, dazu noch ein "alter" Salzbuckel mit verkalktem Gleichgewichtsorgan bin oder als junger Mensch die ersten Erfahrungen auf der Ostsee segele macht den Unterschied. Unerfahrene Gäste stimme ich mit Sicherheit auf den bevorstehenden Törn ein, indem ich ihnen zusätzlich zur homepage frühzeitig Material zur Einstimmung anbiete. Die Gäste erfahren, dass sie sich auf Boot und Skipper verlassen können und sie erleben an Bord, dass alle Ziele mit ihnen abgestimmt werden. Sie sind aktiver Teil der Crew und müssen demzufolge selbst was tun.
Neben der inneren Vorbereitung, der richtigen Ausrüstung, angemessener Ernährung und warmer Kleidung gebe ich zukünftig besonders gern den Rat von Prof. Dr. Reinhart Jarisch an Gäste weiter, die sich noch unsicher fühlen:
Idealerweise sollte man eine Woche vor dem Törn mit der Einnahme von 75-mg-Cinnarizin-Kapseln (ein- bis zweimal täglich) beginnen. Das Medikament ist in Deutschland verschreibungspflichtig. Es blockiert die Histamin-Bindungsstellen (Rezeptoren) im Gehirn. Die Müdigkeitserscheinungen, die bei manchen als Nebenwirkungen eintreten, vergehen nach einigen Tagen. Dazu können mindestens zwei Gramm Vitamin C täglich die "Seekrankheit" unterdrücken. Beim Auftreten von Symptomen sollte zusätzlich Vitamin C in Form von 500-mg-Kautabletten über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. So wird vorhandenes Histamin abgebaut.
Zukünftig werde ich je nach Crew darauf achten, dass die Ernährung entsprechend angepasst wird, d.h. wenig histaminproduzierende Lebensmittel (kein Fleisch, keine Dauerwurst, keine eiweißreichen Fische wie Makrele, Thunfisch, Hering, kein Alkohol) sondern viel Obst, Saft und frisches Gemüse. Zusätzlich Vitamin C in Form von Kautabletten aufnehmen oder, falls vom Arzt verschrieben, histaminabbauende Medikamente wie z.B. Cinnarizin. Und natürlich ausreichend schlafen, Schlaf baut ganz erheblich Histamin ab. So weit also das Vorspiel.
Blättern wir zu unserem Kurztörn "Fehmarn-Rund" zurück und vergleichen Bedingungen, die das Auftreten der "Seekrankheit" begünstigen (links) mit unserem Verhalten (kursiv):
- Alkohol während des Törns ... war und ist tabu
- Alkohol am Vorabend ... drei Flaschen Bier, ein Absackerlikör, pro Erwachsener
- Rauchen ... alles Nichtraucher
- Genügend Schlaf für alle ... die Crew war wohl nicht ganz ausgeschlafen
- Wissen durch Information und Erfahrung ... soweit das für Einsteiger möglich ist, ja
- Liebevoller aufmerksamer Umgang, vertrauensvolle Offenheit ... ja, in jedem Fall
- Konflikte ggf. sofort ansprechen und Lösungen finden ... es gab keine Konflikte
- Schiff zuverlässig warten, Crew als Team, erfahrener Skipper ... Schiff ist top, der Rest lernt noch
- Gesunde Ernährung (fettarm, Kohlehydrat, zwischendurch kleine Häppchen) ... eher nicht
- Viel Wasser trinken (kein Kaffee, kein Schwarztee, kein Alk) ... Kaffee zum Frühstück, danach wurde zu wenig getrunken
- warme, trockene, nicht einengende Kleidung ... der Skipper ja, die Crew hat zunehmend gefroren (Hinweise des Skippers nicht ernst genommen)
- rechtzeitig Reffen (aufrecht segeln) ... war nicht erforderlich
- angenehme Beschäftigung mit Erfolgserlebnis ... Erfolgserlebnisse wurden gefeiert, aber es wurde auch gelitten
- soziale Zuwendung ... war sehr groß
Als Skipper beobachte ich meine Mitsegler immer ein bisschen. Wenn einer etwas apathisch wirkt, vielleicht ein bisschen blass um die Nase wird, oder gähnt, dann stelle ich ihn ans Steuer. Durch die Konzentration auf die Aufgabe und den Blick auf den Horizont (steuern nach Landmarken, Wolken, Sternen - nicht nach Kompass) und das Erfolgserlebnis und das Gefühl nützlich zu sein, beruhigt sich der Magen meist wieder."
Wer bereits weiss, dass die üblichen "Tricks an Bord" - nicht unter Deck liegen und lesen, - aktiv das Steuer übernehmen (nach der Erfahrung, dass im Auto immer nur Beifahrern, nie dem Fahrer schlecht wird) - mittschiffs in Fahrtrichtung stehen und die Schiffsbewegungen mit den Beinen ausgleichen, - Blick überwiegend auf den Horizont richten, - dauernd kleine Mengen Brot oder Salzstangen knabbern, alleine nicht helfen, sollte sich rechtzeitig vor dem Törn an seinen Arzt oder Apotheker wenden. Wenn (heftiger) Seegang zu erwarten ist, solltest Du vorbeugen und nicht warten, bis die Seekrankheit da ist. Dann helfen meist nicht einmal mehr die starken Mittel. Allerdings musst Du selbst herausfinden, was gut verträglich und wirksam ist. Nicht immer liefert die Schulmedizin die richtige Antwort:
Xitix Vitamin C
"Vitamin C habe ich erstmals vor einer Woche, zusammen mit einem Kollegen, bei einem Ostseetörn ausprobiert. Der Erfolg war 100%ig. Selbst bei Hacksee haben wir, sogar unter Deck und im Vorschiff, nicht das Geringste gespürt. Da ich eher zu den Skeptikern gehöre, der Anhänger von Homöopathie oder Ähnlichem zu den Intelligenzallergikern zählt, war ich vom Ergebnis sehr überrascht," berichtet ein Segler im Yachtforum. Ein weiterer stellt fest, "Antihistaminika machen auch müde. Vitamin macht nicht müde, das ist ja das tolle an diesem Ansatz."
Besser geht's doch nicht: "Nachdem ich die Wirksamkeit der Vitamin C Geschichte für mich akzeptiert habe, schlucke ich es öfter und regelmäßiger, nicht allein um Seekrankheit zu begegnene (die tritt nur dann auf, wenn alle möglichen Faktoren zusammentrefffen: wie z.B. Suffkater, Stimmungstief, Mief an Bord, kopfüber unter Deck arbeiten, rollendes Boot). Sondern auch als Stimmungsheber, und es funktioniert! Friss Vitamin C und Du bist glücklich! ;-))" Eine ähnliche Meinung wird von weiteren Seglern geteilt: "Vitamin-C-Tabletten zum Auflösen schön zuhause lassen und in der Apotheke Xitix (500 mg Vitamin C Lutschtabletten) holen. Der Trick besteht nämlich darin, die Tabletten zu lutschen und so das Vitamin C über die Mundschleimhaut möglichst rasch ins Hirn zu bringen." Und noch ein überzeugter Segler aus dem Yachtforum: "Vorletzte Woche quer über die Straße von Bonifacio bei W 6 - 7, 2 - 3 m Welle. Habe morgens eine Runde Vitamin-C-Kautabletten ausgegeben. Fazit: alle haben den Wellenritt mit ausdrücklichem Spaß genossen, niemandem wurde auch nur etwas mulmig. Trotz "ungesunder" Ernährung. Das war früher anders. Mich hat die Vitamin-C-Methode damit jedenfalls überzeugt."
Der Hersteller zur Anwendung: Zur Behandlung von Vitamin-C-Mangel-Krankheiten; zur Vorbeugung von Vitamin-C-Mangel-Krankheiten, wenn dies nicht durch Ernährung möglich ist. Zu den Vitamin-C-Mangel-Krankheiten gehören der Präskorbut (erhöhte Blutungsneigung mit verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit), der Skorbut (zusätzliche ausgedehnte Blutungen im ganzen Körper) und die Moeller-Barlow-Krankheit (Skorbut mit Störungen des Knochenwachstums bei Säuglingen). Es wird täglich 1/ 4 Lutschtablette Xitix eingenommen (entsprechend 125 mg Ascorbinsäure), (Behandlung eines Vitamin C-Mangels) es werden täglich 1 oder 2 Lutschtabletten eingenommen.
Superpep® Reise-Kaugummi-Dragées - rezeptfrei, nur in der Apotheke
Kommentar aus dem Yachtforum: "Superpep forte sollte wirklich nur angewendet werde wenn echter Bedarf entsteht und dessen Wirkung nach ca. 5 Minuten eintritt. Mögliche Nebenwirkungen, wie Halluzinationen, Magenbeschwerden und Hautreaktionen sollten hierbei aber nicht außer Acht gelassen werden." "Für meine Mitsegler hat sich Superpep und Scopoderm sehr bewährt. Hatte bisher jedem geholfen. Zur Überbrückung, bis das Scopoderm wirkt, habe ich noch VOMEX Zäpfchen. Nur benutzen, wenn man vorhat, sich bei schlechtem Wetter unter Deck ohne Eimer/Plastiktüte in Reichweite aufzuhalten und man sich nur durch die Gegend fahren lassen will, ohne wichtige Arbeiten zu übernehmen, da die Wahrnehmung doch stark beeinträchtigt wird oder wenn man weiß, dass es einem trotz dieser Nebenwirkungen immer noch besser geht als wenn's einen erwischt," kommentiert ein zweiter Segler im Yachtforum.
Der Hersteller: Mit Superpep können Kinetosen wirksam behandelt werden. Hierbei wird das Brechzentrum im Gehirn gedämpft und so Schwindel und Übelkeit gelindert. Der in SUPERPEP forte enthaltene und bei Reiseübelkeit bewährte Wirkstoff Dimenhydrinat ist in besonders geringer Dosis in der Kaumasse eingearbeitet. Durch das Kauen wird er bereits weitgehend über die Mundschleimhaut aufgenommen. Das hat besondere Vorteile: Schnelle Wirkung, niedrige Dosierung, keine zusätzliche Belastung für den Magen, macht nicht müde. Superpep-Kaudragees unbedingt frühzeitig einnehmen
Vomex A - rezeptfrei, nur in der Apotheke
„Vomex-A ist ein Mittel, das schon am Morgen bei Verdacht auf Seekrankheit eingenommen werden sollte. Es hilft angeblich auch in den meisten Fällen. Der Nachteil hierbei ist, dass es wohl eine gewisse Müdigkeit hervorruft," kommentiert ein Segler im Yachtforum. Ein Zweiter: „Wartet man zu lange hilft Vomex nicht mehr. Wie stark dich die Nebenwirkungen beeinträchtigen, musst du im Selbstversuch feststellen. Der Hersteller rät davon ab, Auto zu fahren etc. wenn du Vomex A einnimmst.“
Ein Dritter: "Seit zwei Jahren nehme ich eine Stunde vor dem Ablegen eine Vomex und bin seitdem nicht mehr seekrank geworden." Noch ein Segler: "An den ersten Tagen auf See nehme ich morgens ein Dragee zum Frühstück und lege dann bei Bedarf eins nach. Ich weiß von mir, dass ich aufs heftigste seekrank werde (gönn' ich keinem) und mache deshalb keine Experimente mehr.
Der Hersteller: Vomex A® wirkt schnell und zuverlässig für viele Stunden und ist bestens verträglich. Sein Wirkstoff Dimenhydrinat wirkt direkt auf das Brechzentrum im Gehirn, ohne die wichtigen benachbarten Zentren für Atmung und Kreislauf zu beeinflussen. Zudem beruhigt Vomex A® die Magen- und Darm-Bewegungen. Vomex (50 mg Dimenhydrinat) nehmen Erwachsene 1 bis 4 mal täglich 1 bis 2 Dragees.
Cinnarizin AL - verschreibungspflichtig
Cinnarizin gehört zur Gruppe der sogenannten Antihistaminika und baut Histamin ab. Es wird bei Durchblutungsstörungen des Gehirns und der Gliedmaßen sowie bei Störungen des Gleichgewichtsorgans bzw. des Innenohrs, z.B. Schwindel eingesetzt.
Verschiedene Kommentara aus dem Yachtforum: „Laut Auskunft eines mir gut bekannten Pillendrehers (Apothekers) ist Cinnarizin ein Naturprodukt, von dem keine Gesundheit beeinträchtigenden Nebenwirkungen bekannt sind (Müdigkeit am Anfang ist ja nicht gerade ungesund - es sei denn, man fährt dabei Auto). Mein Medizinmann hatte auch keine Bedenken und verschreibt mir das Mittel bei Bedarf. Es ist leider nur auf Rezept erhältlich. SeglerInnen, verabschiedet Euch vom Würfelhusten, schluckt Cinnarizin!“
„Cinnarizin hat den absolut gleichen Inhaltsstoff wie das früher erhältliche Stutgeron. Der Erfolg war bisher (ca. 15 Jahre) recht beachtlich (das reichliche Frühstück wählte jeweils den dafür vorgesehenen Weg).“
„Die leichte Müdigkeit ist auch am 3. Tag nicht mehr spürbar; der Körper hat sich gewöhnt. Ich habe das Medikament auch anderen MitseglerInnen gegeben, bei denen sich ähnliche Erfolge zeigten, allerdings wegen der fehlenden Pegelaufbauphase mit etwas Verzögerung.“
„Auch durchblutungsfördernde Mittel sind oft wirksam: Bekannt und nach Aussage vieler Seefahrer gut bekömmlich und wirksam ist z.B. das Mittel Cinnarizin®, ein Mittel das die Durchblutung des geplagten Hirns fördert, dem wegen der Stresshormone leicht "der Saft abgedreht" wird.“
Scopoderm TTS® Transdermales Pflaster - verschreibungspflichtig
„Die werden hinter das Ohr geklebt und bleiben da drei Tage. Bei mir haben sie immer gewirkt und ich werde nicht mehr ohne Segeln gehen. Die einen mögen das als Weichei ansehen, ich genieße dafür schon am ersten Tag das Lesen unter Deck. Und bei dem letzten Sturm war es auch hilfreich, da ich die gesamte Zeit unter Deck bei Funk und Navigation verbringen musste.
Mit den Pflastern kann man übrigens auch schwimmen gehen ohne dass man sie verliert. Sie sind allerdings verschreibungspflichtig, man muss also vorher zum Arzt.“ Ausschnitt aus dem Yachtforum. Ein zweiter Ausschnitt: „Scopolamin hilft zumindest, dass die Crew nicht bei schwerer Seekrankheit über Bord springt. Aber die Schiffsführung sollte nicht von jemanden der unter Scopolamin steht, gemacht werden...“
Rund-Fehmarn-Mitsegler Eckart (siehe oben): "Mit sehr viel Glück habe ich das (vermutlich deutschlandweit letzte Päckchen) "Scopoderm" in einer hannoverschen Apotheke ergattert. Die Pflaster habe ich zeitgerecht aufgelegt und nicht die geringsten Probleme während des gesamten Törns gehabt! Anzumerken ist allerdings, dass ich längere Aufenthalte unter Deck während der Fahrt vermieden habe."
Der Hersteller: Scopolamin ist ein Anticholinergikum. Es wirkt auf das willentlich nicht beeinflussbare Nervensystem (vegetative Nervensystem). Dieses Nervensystem ist für die Regulation der verschiedenen Organfunktionen zuständig. An den entsprechenden Nervenkontaktstellen setzt es die Wirkung des Überträgerstoffes Acetylcholin herab. Auf den Körper wirkt es allgemein anregend. Die vegetativen Reaktionen wie Schwindel, Übelkeit oder Kreislaufstörungen werden gehemmt. Daraus ergibt sich die Anwendung bei Reiseübelkeit. Scopolamin hat keine histaminabbauenden Substanzen, sondern wirkt lediglich dämpfend! (und das leider auch nach der Ankunft im Hafen).
Warnhinweise! Der Wirkstoff sollte nicht zusammen mit Alkohol eingenommen werden. Dieses Arzneimittel kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Siehe auch diese Zusammenfassung von Kommentaren (2005) des Yachtforums zur Wirksamkeit von Medikamenten:
Zusammenfassung einer Diskussion aus dem Yachtforum zur Wirksamkeit von Medikamenten (2005)
Zu den Medikamenten eine erweiterte Zusammenfassung von Prof. Dr. Hans Scherer, FU Berlin, Sonderdruck Deutsches Ärzteblatt - Ärztliche Mitteilungen, 72. Jahrgang, Heft 29. Die Auflistung stammt aus 1997 - etwas aktuelleres habe ich leider nicht gefunden:
Antiemetika stammen aus folgenden Arzneimittelgruppen: Cholinolytika, Antihistamenika und Neuroleptika. Zum Teil werden die Antiemetika auch als Antivertiginosa- oder als Antinausea-Präparate zur Therapie der Reisekrankheit eingesetzt. Es handelt sich häufig um Mischpräparate. Bezüglich der Dosierung muß bei diesen Präparaten auf die Verpackungshinweise verwiesen werden.
1. Cholinolytika:
Sie enthalten Atropin und/oder Skopolamin und blockieren den Brechakt. (Präparate:Vasano®, Emesan®, Extracta Belladonnae usw.). Dosierung von Skopolamin: 0,5 mg per os.
Nebenwirkung: Trockenheit von Mund und Nase, Tachykardie. Kontraindikationen: Glaukom, Prostatahypertrophie, Tachykardie
2. Antihistamenika:
Sie enthalten: 1.Diphenhydramin (Emesan®, Fortraevel®, Vomex A®, Dramamine®). Die Wirkungsdauer beträgt 2 bis 5 Stunden. 2. Meclicin (Postafen®, Bonamine®, Peremesin®). Die Wirkungsdauer beträgt 10 bis 20 Stunden. Die Präparate wirken peripher atropinartig. Der zentrale Ansatzpunkt für die antiemetische Wirkung ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie wirken mindestens ebenso gut wie Atropin und Skopolamin und haben diese Alkaloide aus der Behandlung der Reisekrankheit nahezu verdrängt.
Nebenwirkungen: Teilweise erhebliche Müdigkeit und Abgestumpftheit. Trockenheit in Mund und Nase. Größere Dosen wirken zentral erregend (motorische Unruhe).
3. Neuroleptika:
Promethacin (Atosil). Dieses Präparat steht dem Chlorpromacin (Metaphen®) sehr nahe. Es hat einen atropinähnlichen Effekt auf den Hirnstamm. Die Wirkungsdauer beträgt 5 bis 19 Stunden.
Nebenwirkungen: Erhebliche Müdigkeit (das Präparat wird auch als präoperatives Sedativum eingesetzt).
Alle Präparate, die Neuroleptika mehr, die Antihistamenika weniger, haben als Nebenwirkung eine ausgeprägte Müdigkeit zur Folge. Sie werden deshalb häufig mit Coffein kombiniert. Alle Präparate sind wegen dieser Nebenwirkung für Autofahrer bzw. Skipper nicht geeignet. "Beifahrer" sollten die Antihistamenika wählen, da deren antiemetischer Effekt sehr gut und ihr Ermüdungseffekt dagegen geringer ist als der von Neuroleptika. Kinder sind wegen ihrer Unruhe und Bewegungsvielfalt am häufigsten den kombinierten Beschleunigungen ausgesetzt. Bei ihnen ist die stärker sedierende Komponente der Neuroleptika erwünscht. Für Schwangere sind nur Neuroleptika zu empfehlen.
Jeder Skipper weiß, dass die Einnahme von Medikamenten die Wahrnehmung stark beeinträchtigt und nicht mit einer verantwortlichen Schiffsführung vereinbar ist.
Es geht auch sanfter und ganz ohne Medikamente:
Als "sanfte" Mittel eignen sich Ingwerpräparate oder auch kandierter Ingwer sowie homöopathische Mittel wie "Cocculus D6". Die helfen leider nicht allen, können aber trotzdem das Richtige sein.
Akupressur: Chinesische Ärzte wenden seit Jahrhunderten die Akupunktur bei der Reisekrankheit an. Durch Akupressur - also per Massage - läßt sich der Neiguan-Punkt stimulieren: Wenn man die Hand in Richtung Ellenbeuge anspannt, werden zwei Beugersehnen sichtbar, zwischen denen sich der Punkt zwei Daumen breit oberhalb der Handgelenksquerfalte befindet. Hier sollte der Reisende mit dem Daumen der anderen Hand mehrere Minuten massieren. Wenn das nicht hilft, vor allem den Kopf - möglichst wenig bewegen, sich gedanklich ablenken und keine Angst aufkommen lassen - denn die peitscht gerade jene Hormone in die Höhe, die den Magen in Aufruhr bringen.
Noch einmal Markus Bärlocher: Die beste Therapie habe ich von meiner Freundin Beate, Hebamme, gelernt: Sie wird nur angewendet, wenn wirklich Bedarf entsteht. Die Wirkung erzeuge ich selbst, indem ich mein eigenes Energiesystem anrege und harmonisiere. Die Wirkung tritt schnell ein. Nebenwirkungen gibt es keine. Drücke gleichzeitig an jeder Hand jeweils drei Fingerkuppen gegeneinander: rechte Hand: Daumen, Zeige- und Mittelfinger linke Hand: Daumen, Mittel- und Ringfinger Halte den Druck mindestens 5 Minuten. Überliefert wurde dieser Griff von Kim Da Silva.
Von Bobby Schenks wunderbarer Seite der "Trick 17" von Klaus Dudenhöfer, Arzt (Internist) und Schulmediziner: "Die Nadel setzt da an, wohinter sich das Gleichgewichtsorgan - verantwortlich für die Bewegungskrankheit - verbirgt. Was aber reiner Zufall ist und nichts mit der Einstichstelle zu tun hat. Vielmehr spiegelt das Ohr in der Akupunktur-Lehre den gesamten Körper wieder, sodass es wichtig ist, den genauen Punkt zu treffen, der auf dem Foto abgebildet
ist: Beim Rechtshänder befindet er sich am rechten Ohr, beim Linkshänder auf dem anderen Ohr. Ideal ist es, wenn sich an Bord eine Akupunktur-Nadel befindet, die dann mit einer leichten Linksdrehung zwei Millimeter tief eingestochen wird. Es reicht aber auch jede andere Nadel, die am besten vorher desinfiziert werden sollte, was auch durch Ausglühen der Nadelspitze geschehen kann. Und jetzt das Beste: Ist gerade keine Nadel - jeder Leidgeprüfte weiß, dass gerade langes Rumsuchen unten in den Schapps "das Fass zum Überlaufen" bringen könnte - kann auch der Fingernagel mit leichtem ständigen Druck zur Akupressur auf diesen Punkt eingesetzt werden. Die Akupunkturnadel oder Akupressur sollte bis zum Verschwinden der Symptomatik, mindestens aber 20 min. angewendet werden. Man kann sich vor Antritt der Reise von einem anerkannten Arzt (zu finden unter akupunkturarzt.de) eine Dauernadel applizieren lassen, die dann als kleiner Knopf im Ohr verbleibt, bis sie von selbst nach 3-10 Tagen herausfällt. Diese ist auch bei Tätigkeiten wie Schwimmen oder Tauchen oder Duschen nicht hinderlich. Mutige können ohne Weiteres diese Dauernadel, welche fertig mit einem entsprechenden kleinen Einführungsset in jedem Medizinbedarfgeschäft zu erwerben ist, an dem bezeichneten Ort im Ohr der Händigkeit einstechen. Für alle anderen bleibt immer noch die Möglichkeit der Akupressur."
Wenn's ganz schön schwierig wird
sind Aufenthalte unter Deck zu vermeiden oder so kurz wie möglich zu halten. Wenn der Gang auf das Bord-WC unvermeidlich wird, sollte der Skipper beidrehen. Dann ist Ruhe im Schiff und die Crew kann durchatmen. Der Gang auf's WC fällt um so kürzer aus, wenn Lifebelt und Segelklamotten bereits im Cockpit gelüftet werden. Meine Crew hat bei 8 Bft. Halbwindkurs auf den Gang zum Bord-WC verzichtet und stattdessen lieber eine geköpfte Plastik-Wasserflasche zum Pinkeln missbraucht.
Wenn in Notfällen wirklich nichts mehr geht
muss der Törn abgebrochen und der nächste Hafen angelaufen werden. Gerti Clausen: Bei schwerer Seekrankheit (restloses Erbrechen, Verlust der Selbststeuerung, Dehydrierung) muss der Betroffene intensiv betreut werden. Dann helfen nur noch Darmzäpfchen: Paspertin oder MCP - gibt’s auch als Tropfen (leichter anzuwenden, aber wegen Erbrechen evtl. schwieriger zu dosieren).
Kontraindikation: Epilepsie, Kinder.
Flüssigkeit mit etwas Zucker und Salz verabreichen (auf einen Liter Tee: 1 Teelöffel Salz, 2 Teelöffel Zucker und 2 Teelöffel Traubenzucker, auch als "Elotrans" erhältlich). Bei starker Angst Beruhigungsmittel geben und den Seekranken von der Freiwache beobachten und betreuen lassen. Besteht Selbstmordgefahr (versuchtes Über-Bord-Springen), den Kranken sichern, ggf. festbinden.
Ich hoffe sehr, dass es niemals so weit kommt und diese Zusammenfassung dazu beitragen kann.
Antiemetika stammen aus folgenden Arzneimittelgruppen: Cholinolytika, Antihistamenika und Neuroleptika. Zum Teil werden die Antiemetika auch als Antivertiginosa- oder als Antinausea-Präparate zur Therapie der Reisekrankheit eingesetzt. Es handelt sich häufig um Mischpräparate. Bezüglich der Dosierung muß bei diesen Präparaten auf die Verpackungshinweise verwiesen werden.
1. Cholinolytika:
Sie enthalten Atropin und/oder Skopolamin und blockieren den Brechakt. (Präparate:Vasano®, Emesan®, Extracta Belladonnae usw.). Dosierung von Skopolamin: 0,5 mg per os.
Nebenwirkung: Trockenheit von Mund und Nase, Tachykardie. Kontraindikationen: Glaukom, Prostatahypertrophie, Tachykardie
2. Antihistamenika:
Sie enthalten: 1.Diphenhydramin (Emesan®, Fortraevel®, Vomex A®, Dramamine®). Die Wirkungsdauer beträgt 2 bis 5 Stunden. 2. Meclicin (Postafen®, Bonamine®, Peremesin®). Die Wirkungsdauer beträgt 10 bis 20 Stunden. Die Präparate wirken peripher atropinartig. Der zentrale Ansatzpunkt für die antiemetische Wirkung ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie wirken mindestens ebenso gut wie Atropin und Skopolamin und haben diese Alkaloide aus der Behandlung der Reisekrankheit nahezu verdrängt.
Nebenwirkungen: Teilweise erhebliche Müdigkeit und Abgestumpftheit. Trockenheit in Mund und Nase. Größere Dosen wirken zentral erregend (motorische Unruhe).
3. Neuroleptika:
Promethacin (Atosil). Dieses Präparat steht dem Chlorpromacin (Metaphen®) sehr nahe. Es hat einen atropinähnlichen Effekt auf den Hirnstamm. Die Wirkungsdauer beträgt 5 bis 19 Stunden.
Nebenwirkungen: Erhebliche Müdigkeit (das Präparat wird auch als präoperatives Sedativum eingesetzt).
Alle Präparate, die Neuroleptika mehr, die Antihistamenika weniger, haben als Nebenwirkung eine ausgeprägte Müdigkeit zur Folge. Sie werden deshalb häufig mit Coffein kombiniert. Alle Präparate sind wegen dieser Nebenwirkung für Autofahrer bzw. Skipper nicht geeignet. "Beifahrer" sollten die Antihistamenika wählen, da deren antiemetischer Effekt sehr gut und ihr Ermüdungseffekt dagegen geringer ist als der von Neuroleptika. Kinder sind wegen ihrer Unruhe und Bewegungsvielfalt am häufigsten den kombinierten Beschleunigungen ausgesetzt. Bei ihnen ist die stärker sedierende Komponente der Neuroleptika erwünscht. Für Schwangere sind nur Neuroleptika zu empfehlen.
Jeder Skipper weiß, dass die Einnahme von Medikamenten die Wahrnehmung stark beeinträchtigt und nicht mit einer verantwortlichen Schiffsführung vereinbar ist.
Es geht auch sanfter und ganz ohne Medikamente:
Als "sanfte" Mittel eignen sich Ingwerpräparate oder auch kandierter Ingwer sowie homöopathische Mittel wie "Cocculus D6". Die helfen leider nicht allen, können aber trotzdem das Richtige sein.
Akupressur: Chinesische Ärzte wenden seit Jahrhunderten die Akupunktur bei der Reisekrankheit an. Durch Akupressur - also per Massage - läßt sich der Neiguan-Punkt stimulieren: Wenn man die Hand in Richtung Ellenbeuge anspannt, werden zwei Beugersehnen sichtbar, zwischen denen sich der Punkt zwei Daumen breit oberhalb der Handgelenksquerfalte befindet. Hier sollte der Reisende mit dem Daumen der anderen Hand mehrere Minuten massieren. Wenn das nicht hilft, vor allem den Kopf - möglichst wenig bewegen, sich gedanklich ablenken und keine Angst aufkommen lassen - denn die peitscht gerade jene Hormone in die Höhe, die den Magen in Aufruhr bringen.
Noch einmal Markus Bärlocher: Die beste Therapie habe ich von meiner Freundin Beate, Hebamme, gelernt: Sie wird nur angewendet, wenn wirklich Bedarf entsteht. Die Wirkung erzeuge ich selbst, indem ich mein eigenes Energiesystem anrege und harmonisiere. Die Wirkung tritt schnell ein. Nebenwirkungen gibt es keine. Drücke gleichzeitig an jeder Hand jeweils drei Fingerkuppen gegeneinander: rechte Hand: Daumen, Zeige- und Mittelfinger linke Hand: Daumen, Mittel- und Ringfinger Halte den Druck mindestens 5 Minuten. Überliefert wurde dieser Griff von Kim Da Silva.
Von Bobby Schenks wunderbarer Seite der "Trick 17" von Klaus Dudenhöfer, Arzt (Internist) und Schulmediziner: "Die Nadel setzt da an, wohinter sich das Gleichgewichtsorgan - verantwortlich für die Bewegungskrankheit - verbirgt. Was aber reiner Zufall ist und nichts mit der Einstichstelle zu tun hat. Vielmehr spiegelt das Ohr in der Akupunktur-Lehre den gesamten Körper wieder, sodass es wichtig ist, den genauen Punkt zu treffen, der auf dem Foto abgebildet
ist: Beim Rechtshänder befindet er sich am rechten Ohr, beim Linkshänder auf dem anderen Ohr. Ideal ist es, wenn sich an Bord eine Akupunktur-Nadel befindet, die dann mit einer leichten Linksdrehung zwei Millimeter tief eingestochen wird. Es reicht aber auch jede andere Nadel, die am besten vorher desinfiziert werden sollte, was auch durch Ausglühen der Nadelspitze geschehen kann. Und jetzt das Beste: Ist gerade keine Nadel - jeder Leidgeprüfte weiß, dass gerade langes Rumsuchen unten in den Schapps "das Fass zum Überlaufen" bringen könnte - kann auch der Fingernagel mit leichtem ständigen Druck zur Akupressur auf diesen Punkt eingesetzt werden. Die Akupunkturnadel oder Akupressur sollte bis zum Verschwinden der Symptomatik, mindestens aber 20 min. angewendet werden. Man kann sich vor Antritt der Reise von einem anerkannten Arzt (zu finden unter akupunkturarzt.de) eine Dauernadel applizieren lassen, die dann als kleiner Knopf im Ohr verbleibt, bis sie von selbst nach 3-10 Tagen herausfällt. Diese ist auch bei Tätigkeiten wie Schwimmen oder Tauchen oder Duschen nicht hinderlich. Mutige können ohne Weiteres diese Dauernadel, welche fertig mit einem entsprechenden kleinen Einführungsset in jedem Medizinbedarfgeschäft zu erwerben ist, an dem bezeichneten Ort im Ohr der Händigkeit einstechen. Für alle anderen bleibt immer noch die Möglichkeit der Akupressur."
Wenn's ganz schön schwierig wird
sind Aufenthalte unter Deck zu vermeiden oder so kurz wie möglich zu halten. Wenn der Gang auf das Bord-WC unvermeidlich wird, sollte der Skipper beidrehen. Dann ist Ruhe im Schiff und die Crew kann durchatmen. Der Gang auf's WC fällt um so kürzer aus, wenn Lifebelt und Segelklamotten bereits im Cockpit gelüftet werden. Meine Crew hat bei 8 Bft. Halbwindkurs auf den Gang zum Bord-WC verzichtet und stattdessen lieber eine geköpfte Plastik-Wasserflasche zum Pinkeln missbraucht.
Wenn in Notfällen wirklich nichts mehr geht
muss der Törn abgebrochen und der nächste Hafen angelaufen werden. Gerti Clausen: Bei schwerer Seekrankheit (restloses Erbrechen, Verlust der Selbststeuerung, Dehydrierung) muss der Betroffene intensiv betreut werden. Dann helfen nur noch Darmzäpfchen: Paspertin oder MCP - gibt’s auch als Tropfen (leichter anzuwenden, aber wegen Erbrechen evtl. schwieriger zu dosieren).
Kontraindikation: Epilepsie, Kinder.
Flüssigkeit mit etwas Zucker und Salz verabreichen (auf einen Liter Tee: 1 Teelöffel Salz, 2 Teelöffel Zucker und 2 Teelöffel Traubenzucker, auch als "Elotrans" erhältlich). Bei starker Angst Beruhigungsmittel geben und den Seekranken von der Freiwache beobachten und betreuen lassen. Besteht Selbstmordgefahr (versuchtes Über-Bord-Springen), den Kranken sichern, ggf. festbinden.
Ich hoffe sehr, dass es niemals so weit kommt und diese Zusammenfassung dazu beitragen kann.
Ralf Uka
Literatur zum Thema:
Reinhart Jarisch
Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit
2. Auflage von 2004 177 Seiten, 5 Abb., 28 Tab. Seiten
Thieme Georg Verlag, ISBN 3-13-105382-8
24.95 EUR
Wolfgang Hausner zu Kapitel 11 (Auszug):
Herrn Univ. Prof. Dr. Reinhart Jarisch ist hier ein echter Durchbruch gelungen, indem er aufzeigt, dass die primäre Ursache der Seekrankheit Histamin ist, eine Tatsache, die bis jetzt nicht erkannt wurde. Diese Information alleine würde einen seekranken Menschen nicht gesund machen, aber Herr Dr. Jarisch sagt uns nicht nur warum wir seekrank werden, sondern hat auch gleich das Rezept zur Hand, das so verblüffend einfach ist, dass ich nur hoffen kann, dass möglichst viele Menschen davon Gebrauch machen werden.
Gerti Claußen
Seekrankheit aktiv bewältigen
230 Seiten, zahlreiche Abbildungen, kartoniert
Delius Klasing Verlag, ISBN 376881047X
13,30 EUR
Die Autorin, Psychologin und Psychotherapeutin, veranschaulicht die vielen Gesichter der Seekrankheit durch zahlreiche Berichte und vermittelt dadurch ein völlig neues Bild der Seekrankheit: Denn „Seekrankheit ist Streß, und Streß fördert Seekrankheit.“ Diese erweiterte, umfassende Sichtweise des Phänomens öffnet das Tor zu einer breiten Palette aktiver Maßnahmen die Seekrankheit auch ohne Medikamente zu bekämpfen.
Downloads:
Reinhart Jarisch
Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit
2. Auflage von 2004 177 Seiten, 5 Abb., 28 Tab. Seiten
Thieme Georg Verlag, ISBN 3-13-105382-8
24.95 EUR
Wolfgang Hausner zu Kapitel 11 (Auszug):
Herrn Univ. Prof. Dr. Reinhart Jarisch ist hier ein echter Durchbruch gelungen, indem er aufzeigt, dass die primäre Ursache der Seekrankheit Histamin ist, eine Tatsache, die bis jetzt nicht erkannt wurde. Diese Information alleine würde einen seekranken Menschen nicht gesund machen, aber Herr Dr. Jarisch sagt uns nicht nur warum wir seekrank werden, sondern hat auch gleich das Rezept zur Hand, das so verblüffend einfach ist, dass ich nur hoffen kann, dass möglichst viele Menschen davon Gebrauch machen werden.
Gerti Claußen
Seekrankheit aktiv bewältigen
230 Seiten, zahlreiche Abbildungen, kartoniert
Delius Klasing Verlag, ISBN 376881047X
13,30 EUR
Die Autorin, Psychologin und Psychotherapeutin, veranschaulicht die vielen Gesichter der Seekrankheit durch zahlreiche Berichte und vermittelt dadurch ein völlig neues Bild der Seekrankheit: Denn „Seekrankheit ist Streß, und Streß fördert Seekrankheit.“ Diese erweiterte, umfassende Sichtweise des Phänomens öffnet das Tor zu einer breiten Palette aktiver Maßnahmen die Seekrankheit auch ohne Medikamente zu bekämpfen.
Downloads:
"Seekrankheit ist eigentlich ganz gesund" - die vollständige Zusammenfassung dieses Logbucheintrages
"Schweine werden nicht seekrank" aus YACHT Nr. 1/2005, S. 34-39
"Anlass zur Hoffnung" aus YACHT Nr. 7/2006, S. 46 - 49
Zusammenfassung einer Diskussion aus dem Yachtforum zur Wirksamkeit von Medikamenten (2005)
Die Stiftung Warentest mit Dank an Skipper Charly: Eine Zusammenfassung für Landratten und Seeleute
Freitag, 21.04.06:
O - NO 4 - 5, strichweise diesig
Bereits am Donnerstagabend kommt die neue Crew an Bord. Die Kojen werden bezogen, die Klamotten verstaut, es wird eingekauft und dann weise ich die neue Besatzung in die Sicherheitsregeln unserer "Kalami" ein. Danach wird gegessen: Lecker selbst gemachter Kartoffelsalat und Würstchen, die Kinder nehmen Limo dazu, die drei Erwachsenen 2 - 3 Bier und sogar ein Likör macht die Runde.
Wird man davon "seekrank"?
Nehle (15) ist erstmals mit an Bord und wird ganz sicher "seekrank", das weiß sie jetzt schon. Jan (13) interessiert das nicht, schließlich war er schon mal ein Wochenende mit. Eckart fühlt sich nicht so ganz sicher. Er geht in zwei Wochen in die praktische SKS-Prüfung, die Spannung steigt also und Bernd gibt sich ganz gelassen. Ralf, den kennen wir schon, wird nicht mehr "seekrank" seitdem er Skipper ist und die Verantwortung trägt - jedenfalls nicht bis 8 Bft.
Nach einem langen "Briefing" über das Wetter und die Segelmöglichkeiten entscheiden wir uns gemeinsam für Fehmarn Rund im Uhrzeigersinn. Das verspricht zur Eingewöhnung ruhige, lange Kurse, wenige Kurswechsel, bietet mit der Inselküste und dem Kiel-Ostseeweg - mit Blick auf die großen Schiffe - „maritime Attraktionen“, Segeln auf allen Kursen und Zeit für motivierende Gespräche besonders mit Eckart. Der hat sich ganz intensiv auf diesen Törn vorbereitet, vorbeugend Vitamin-C-Tabletten eingenommen und Kaugummi gegen die "Seekrankheit", also Hosenträger und Gürtel.
Vorsichtshalber wird statt der Genua die kleinere Arbeitsfock angeschlagen und der angehende Skipper muss denn auch gleich das Ruder in die Hand nehmen und mit dem Fahrlehrer an seiner Steuerbordseite den Ableger (1055 Uhr) fahren. Vor lauter Aufregung vergisst der Fahrlehrer dabei die Fender, während der Vorschiffsmann ohne Aufforderung schon mal die Stb-Vorleine einholt. Das bisschen Wind verzeiht aber noch jeden Fehler oder habe ich welche vergessen?
Hier unten sehen wir, wie sich die entspannte Crew auf die persönliche Forschungsreise begibt. Was erwartet mich da draußen?
Die Crew bitte recht freundlich: Eckart, Jan, Bernd, Nehle und Ralf fotografiert
Um 1120 Uhr setzen wir das Groß und gehen bei 4 Bft. aus NO auf Halbwindkurs Richtung Flügge. Nach einer 20minütigen Gewöhnung an das neue Fahrgefühl folgt die Fock, die ich erstmals als Selbstwendefock fahre - für die unerfahrene Crew sicher zunächst eine willkommene Maßnahme. Außer "Kalami" sind weit entfernt ein, zwei Boote unterwegs, Eckart hat freie Fahrt und so viele Fragen: Anlieger? Raumschotkurs? Aufschießer? Wegerecht und Fehmarnsundfahrwasser? Er macht sich fleißig Notizen, während "Kalami" mit 6 kn die Westküste „hochdüst". Längst hat sich Nehle ans Ruder getraut, steuert ruhig und mit viel Gefühl. Nach 11,5 sm haben wir um 1315 Uhr den Lt. Westermarkelsdorf querab. Je mehr wir nun der Nordküste folgen, desto stärker verlieren wir die Landabdeckung. Die See geht 1 m hoch und der ONO kommt mit 4 - 5 Bft.
Wir segeln lange Kreuzschläge und dabei wird es Nehle am Ruder langsam ungemütlich. Plötzlich will keiner mehr steuern. Bernd nicht, damit Eckart lernen kann, Jan winkt ebenfalls ab und Eckart wird zunehmend passiver, ruhiger, signalisiert "jetzt nicht". Also übernimmt der Fahrlehrer das Ruder.
"Kalami" schiebt um die 15 - 18° Lage und segelt so stabil, dass selbst die Kinder "begreifen", wie kippelig es jetzt ohne Winddruck auf einem Motorboot wäre. Vom Amwindkurs gesponsert kriecht die Kälte langsam unter die Haut. Die Ostsee misst 7, die Luft 9°, aber davon wird man nicht "seekrank" - oder vielleicht doch? Hört denn dieser vedammte Winter gar nicht mehr auf? Nach 22,2 sm stehen wir vor dem Fährhafen von Puttgarden (1545 Uhr), lassen zwei Fähren passieren und ich motiviere behutsam zum Durchhalten, "... wenn wir gleich auf Halbwindkurs gehen hört das Gestampfe bald auf...", aber aus dem Gestampfe wird Geschaukele und hört eben nicht auf, der Wind legt sogar leicht zu und stabilisiert sich bei 5 Bft., die See erreicht gelegentlich 1,5 m. Es ist zum Kotzen.
Während alle anderen immer wieder Platzwechsel vornehmen klebt Eckart an seinem Platz. Natürlich habe ich ihn im Blick, ermuntere, aber jeder spürt, dass es ihm nicht gut geht. Die Kinder sprechen das sehr direkt und dennoch mitfühlend an: "Papa, Du bist ja ganz grün, so kannst Du doch keine Prüfung machen." Nein, so kann Papa das bestimmt nicht, da ist sich die Besatzung einig, aber ob der Papa das am Ende auch so sieht ...?
Ab Staberhuk rollt "Kalami" auf Vorwindkurs nach Hause. Der Vorwindkurs ist sicher der Unangenehmste aller Kurse, aber das ist jetzt nicht mehr so wichtig, wir wollen nur noch zurück. Schließlich kommen alle mehr oder weniger durchgefroren aber wohlbehalten in Heiligenhafen an. Eckart ist völlig platt. Das Anlegemanöver klappt dennoch um 2000 Uhr und nach 42,2 sm viel besser als der Ableger am Vormittag. Und da es so ungerecht wäre, nicht mehr auf das sensationelle Chili con Carne einzugehen, gehört das an dieser Stelle auch noch gesagt.
Am Samstagmorgen haben alle ihre ausgeschlafene, gesunde Gesichtsfarbe wieder und natürlich hat nie jemand wirklich gefroren. Gute Stimmung also und da wird beim Frühstück so intensiv über Fußball philosophiert, über die Nachrichtenlage und über die hervorragende journalistische Qualität erlesener Zeitungen, bis der 13jährige Jan cool kommentiert: "Ich bin kein Zeitungsleser". Danach kannste nur noch Reinschiff machen und rein ins Auto mit Kurs landeinwärts nach Celle und Hannover.
Gestern sind alle an oder sogar über ihre Grenze gegangen, so wie es sich für eine persönliche Forschungsreise gehört. Die nach dem Törn von Eckart getroffene Entscheidung, trotz der durchlittenen Erfahrung am SKS-Prüfungstörn festzuhalten, verdient jedenfalls Respekt und belegt, wie intensiv er vom Segelvirus infiziert ist. Für ihn geht die Forschungsreise nächste Woche weiter – Mast- und Schotbruch für die Prüfung.
Inzwischen hat Eckart die Prüfung bestanden und von Seekrankheit nichts gespürt - Scopoderm heißt das Zauberwort für Eckart (siehe unten). Herzlichen Glückwunsch & willkommen im Club der lizensierten Skipper!
Für mich war dieser Kurztörn ein deutliches Signal, mich endlich intensiver mit dem Thema "Seekrankheit" zu beschäftigen. Dass es allerdings eine so intensive Beschäftigung werden würde hatte ich nicht geahnt - siehe nächster Logbucheintrag.