2006
Wetter S 2 - 3
Um 1300 Uhr ist die letzte Leine gelöst, die Saison liegt achteraus, für uns Segler beginnt jetzt der lange Winter. Noch einmal das Fahrwasser, ein Gruß rüber nach holy Harbour (u.l.), Segel setzen, die Fehmarnsundbrücke, ein letztes Mal vorbei am Café Sorgenfrei und nach 9,4 sm (Logge) sind wir in Burgstaaken. Das läuft ja wie geschmiert. Jetzt noch tanken und wir sind erfreut über 79 Ltr. Saisonverbrauch - fast wie im letzten Jahr. Der 200 Ltr. Tank ist wieder randvoll.
Inzwischen haben wir uns für drei Tage in eine Ferienwohnung einquartiert. "Kalami" wird ausgeräumt, alles muss irgendwie ins Auto und dann reicht es aber auch für heute.
Zum Kranen haben wir an diesem Samstag angenehmes Wetter. Wir sind gut vorbereitet. Schnell ist der Mast auf dem Wagen und mit Wilhelms Umsicht hängt "Kalami" ganz sicher am Haken. Der Ölwechwel ist fällig, Frostschutz kommt in den Kühlkreislauf, die Batterien werden nachgeladen, alles klappt gut.
Dann wird gekärchert, gewaschen, gereinigt und poliert. Leiter rauf, Leiter runter, Spaß macht das nicht. Am Abend steht "Kalami" bereits in der Halle...
... und jetzt fehlt nur noch der Anstrich mit Antifouling, bevor wir unser Schiff in Folie packen. Der Winter kann kommen, Ende März Anfang April sind wir wieder da.
Ralf genießt mal wieder einen
Törn unter Dschjunx
Fallwinde vom Kronsberg?
Torgen weiß warum.
Mit neuer Kamera unter-
wegs: Karsten aus Mardorf
Böen aus der Geibelstraße?
Bernos Revier, der Maschsee.
Diese Dschjunx pfeifen nicht im dunklen Wald, diese wilden Kerle gehen segeln ... wenn's sein muss in der Nacht. Bei Lichte betrachtet sind das auch keine finsteren Gesellen, obwohl Bernos Sonnenbrille ... Jedenfalls wird auf der A 1 zwischen Lübeck und Neustadt der Einkaufszettel geschrieben, zwischen Neustadt und Oldenburg/Holst. schon mal der Törn gekoppelt: Heiligenhafen - Bagenkob - Marstal - Heiligenhafen, der Wochenendklassiker - wenn der Wind mitspielt.
Freitag, 13. Oktober, Heiligenhafen - Bagenkob
Wetter O 4 - 5
Die ewigen Staus auf der A 1 in Hamburgs Südosten zerren heftig an den Nerven, der von einer harten Woche ausgelaugten Crew, aber in einem "standesgemäßen" Auto fühlt sich das dennoch ganz komfortabel an. Statt 2,5 sind wir 4,5 Std. unterwegs. Es folgt die logistische Meisterleistung Einkauf, Stauen, Sicherheitseinweisung und "bereits" um 1910 Uhr beginnt die Reise nach Bagenkob. Als wir eine Viertelstunde später das Fahrwasser verlassen ist es stockdunkel und wir wollen aufgrund der besonderen Umstände nicht unerwähnt lassen, dass sich an dieser Stelle ein angehender Steuermann mt einer Tonne anlegen wollte. Zum Glück hat der Gedanke an ein Wiedersehen mit den Lieben daheim für eine entschlossene Kurskorrektur gesorgt.
Ab Heiligenhafen Ost stehen die Segel, wir haben freie Fahrt. Der Wind weht konstant aus ONO mit 4 - 5 Bft., die See etwa 1 - 1,5 m. Wir sind auf Anliegerkurs unterwegs und die Temperatur fühlt sich nicht wie 14 sondern eher wie 5° an. Die Wetterlage ist stabil, das Barometer liefert unverändert satte 1030 hPa. Leider ist es bedeckt, sodass kein Stern den Weg weist. Auf Fehmarn springt dafür Leuchtturm Flügge wegweisend ein, ein paar Fischer sind unterwegs und langsam kommen Lichter auf dem Kiel - Ostseeweg in Sicht. Querab und weit entfernt Westermarkelsdorf.
Während der Autopilot Kurs hält, kriecht der Besatzung die Kälte unter den Faserpelz. Abwechslung ist gefragt und damit kommt Karstens große Stunde: Die neue sündhaft teure digitale Spiegelreflexkamera fängt unvergessene Momente ein (fast alle Fotos sind von Karsten). Unter Deck ein wenig Ausbildung an der Karte und im Cockpit haben wir sehr viel Mühe, die Feuer bzw. deren Abstand richtig zu identifizieren.
Gelegentlich sorgt Rasmus für Unterhaltung. Ab und an klatscht eine Welle an die Bordkante und weht ein paar Gischtschleier ins Cockpit. Dann immer wieder Rätselaufgaben (plotten): Geht der Dampfer vor uns durch oder sind wir schneller? Manchmal löst sich die Frage gar nicht auf, weil wir inzwischen "Mitläufer" haben, die von Osten kommend Kurs auf den Großen Belt nehmen, schneller sind und die Peiiung dennoch steht.
Kjelds Nor, das Leuchtfeuer an der Südspitze von Langeland gibt nun die Richtung vor. Der 39 m hohe Leuchtturm (Feuerhöhe) ist mit einer Tragweite von 25 sm bereits seit 1905 in Betrieb. Kennung: Flash (2) W 20s, also zwei weiße Blitze, 14 Sekunden Pause und das alle zwanzig Sekunden. Kjelds Nor ist von Bagenkob mit dem Fahrrad in 30 Minuten erreichbar. Überhaupt ist die Südspitze Langelands ein wunderbares Ausflugsziel.
Gegen Mitternacht endlich die Lichter von Bagenkob. Seit ein paar Minuten sind die Segel geborgen, weil die Insel den Wind nimmt. Aber was ist in Bagenkob los? Am Yachthafen Abbrucharbeiten ohne Ende, dieser Teil ist ja nicht wieder zu erkennen. Gerade wollen wir in die Box steuern, als Skippers Bauchgefühl ein Veto einlegt. Irgendetwas stimmt nicht. Also, Manöver abbrechen und dort in die Box, wo andere Boote liegen, ist ja auch kein Problem. Um 0030 Uhr sind wir fest, die Logge zeigt 30 sm.
Samstag, 14. Oktober, Bagenkob - Marstal (und zurück)
Wetter O 2 - 3, später S drehend
Punkt 0800 Uhr klopft der Hafenmeister: 115 Dän. Kronen sind ein fürstliches Salär, aber immerhin ist der Brugsen nicht abgebrochen und liefert frische Brötchen. Karsten hat Freiwache (und wird dafür Fotos abliefern) während die Dschjunx sagen wir mal ein "schnelles Frühstück" vorbereiten. Bevor wir um 1100 Uhr wieder ablegen noch ein Blick auf das in der Nacht abgebrochene Manöver: Hätte alles wie geplant gepasst, der Bauch hatte unrecht. Im Dunkeln sieht das eben ganz anders aus. Kopfkino halt. Nun also weiter nach Marstal, dem Südostzipfel meiner Lieblingsinsel Ærø.
Nach der kühlen Nachfahrt segeln wir bei leichten östlichen Winden in die Sonne, die sich allerdings schwer tut, auf Ærø setzt sich wieder Hochnebel durch. Groß und Genua schieben uns über die Marstal Bucht, bis ich plötzlich wieder dieses "Luftschnappen" höre. Zweifellos ein Schweinwal, aber 25 m weit weg und von der Kamera nicht mehr einzufangen. Die Mob-Taste steht bei 54° 48' 64'' N; 010° 35' 23'' O. Die Position geht später an die GSM. Dann Marstal und Murphys (oder besser Torgens) law: Das Brötchen fällt bekanntlich immer mit der Marmeladenseite auf den Boden. Torgen hat es ja auch 15 Minuten herauf beschworen und natürlich bekommt er die Pendelfähre Rudkøbing - Marstal in dem Moment vor den Bug, in dem wir unter Segel die schmale Hafeneinfahrt passieren wollen ... ist doch nur ne Herausforderung, der Rest Routine und dann sind auch diese 8 Meilen abgehakt.
Was tun in Marstal, Ærøs betriebsamer Schiffer- und Seefahrerstadt? Søfartmuseum? Noch nie gehört, sagt die Crew, aber interessant und schon sind wir drin.
Hier spürt man Marstals ehemalige Bedeutung als Dänemarks Segelschiffzentrum. In den Jahren um die 1900 er Jahrhundertwende war hier eine Flotte von über 300 Segelschiffen beheimatet. Und der Hafen bleibt mit Stahl- und Holzschiffswerften, Motorenfabrik, als Fährhafen und Heimathafen für ungefähr 50 Frachtschiffe weiterhin lebendig. Dazu ist Marstal einer der meist besuchten Yachthäfen des Landes und natürlich dieses Søfartmuseum. Ich entdecke immer wieder neue Ecken und Spuren meiner maritimen Ausbildung zum Matrosen in den späten 60ern.
Dann wird es höchste Zeit für den kurzen Weg. Inzwischen hat der leichte Wind auf SW gedreht und schiebt uns immer an der Wolkenkante lang (rechts). Dabei ist es empfindlich kalt. Die Hafenmanöver, das hatte ich ganz vegessen, fährt die Crew und diesmal gehen wir längsseits an die Pier - eine neue Herausforderung. Natürlich ist es längst dunkel.
Die Besatzung lässt den Tag ausklingen, Manöver werden kritisch reflektiert, der Nachtklub macht sich über den flüssigen Proviant her und findet erst in der Koje seinen Frieden. Bei Sonnenaufgang herrscht tiefe Ruhe an Bord, nur den Fotografen hält es nicht mehr in der Koje...
Sonntag, 15. Oktober, Bagenkob - Heiligenhafen
Wetter S 2, später SO drehend
... weil Karsten, jenseits vom frisch gebrühten Kaffee, ein Casting bei den Fischern durchführt und mit wunderbaren Fotos zurückkehrt. Das hat sich also gelohnt. In Respekt vor der ortsansässigen Seemannsschule wird vor dem Ablegen praktische Seemannschaft geübt: Eindampfen in die Vor- oder Achterspring. Der dicke Kugelfender wandert dabei von vorn nach achtern und um 1015 Uhr hat uns die Ostsee wieder. Wie in Zeitlupe "treideln" wir die Küste auf Südkurs runter. Konkurrierende Mitbewerber kassieren uns (aber nur mit Spi) oder werden passiert.
Am Ende hilft das alles nichts, das bisschen Wind hat keinen Bock mehr und so muss die Maschine den Weg "nach Hause" sicherstellen. Dafür scheint endlich die Sonne. Während der Skipper mühsam und fleißig sein Boot poliert, positioniert die Crew lässig ihre begnadeten Luxuskörper in schädlicher UV-Strahlung. "Fehlt nur noch, dass ich euch einen Bacardi im Bastrock servieren muss", brummelt der Skipper unverständlich vor sich hin. Dann wie gewohnt Flügge, da hinten die Fehmarnsundbrücke und Torgen gelingt in Heiligenhafen ein wunderbares Anlegemanöver.
Hat Spaß gemacht, Dschjunx.
Wetter S 3, SW drehend, vorübergehend etwas zunehmend, Schauer- und Gewitterböen
Wir kriegen's einfach nicht hin. Wir sind Sabine und Ralf, "Kalamis" Stammcrew. Alle schwärmen von Neustadt und wir waren noch nie da, nicht mal mit dem Auto. Mal war's zu früh dunkel, mal drohten Gewitterböen, dann kam der Wind aus der Gegenrichtung, aber diesmal soll es klappen. Das gaaaaanz lange Wochenende mit dem Brückentag bis zum 3. Oktober bietet eine neue Chance. Heute am Samstag vielleicht bis Grömitz, Sonntag nach Neustadt und in zwei Etappen zurück.
Als wir kurz nach 1400 Uhr ablegen sind es 21°, leichter Westwind schiebt uns Richtung Fehmarnsund. Im Bereich der Brücke "dümpeln" wir mit mehreren Yachten sutsche durchs Fahrwasser. "Gewagte" Überholmanöver mit 2 kn Fahrt und dazwischen Großyachten unter Spi, die das Feld so richtig aufmischen. Kurz danach erinnert sich das Wetter an die Vorhersage und lässt schon mal Altostratuss aufziehen - eigentlich kein dramatisches Zeichen zumal der Luftdruck konstant bleibt. Wir haben inzwischen das Fehmarnsundfahrwasser mit Kurs auf Dameshoved verlassen, als sich ungewöhnlich schnell eine gewaltige Wolkenwand aufbaut. Donnergrollen rollt über das Festland, sodass wir uns kurzerhand für eine Kursänderung nach Großenbrode entschließen. Sicher ist sicher. Als das Gewitter um 1700 Uhr einsetzt sind die Segel längst runter. Zum Glück keine Böen, aber es gießt wie aus Eimern, blitzt und donnert, als der Hafen der Klemenswerft endlich vor uns auftaucht. Um 1730 Uhr sind wir fest, in Sicherheit und es ist beinahe dunkel.
Wenig später klart es auf, der Tag beginnt für zwei Stunden noch einmal von vorn. Die Gewitterfront ist durch. Unten der Blick in den Hafen (links) und entlang der Strandpromendade.
Sonntag, 01. Oktober, Großenbrode - Burgtiefe
Wetter: Umlaufend 1 - 3, später SO 3 - 4, S - SW drehend, Gewitterböen, diesig, Nebelfelder
Draußen trieft es vor Nässe und die Sicht beträgt ganze 50 m - Nebel. Von wegen Neustadt - oder doch noch? Nach einer Stunde klart es ein wenig auf, die Sicht liegt jetzt bei 100 m. Ab und an kommt die Sonne "von oben" durch, der Nebel lichtet sich weiter. Wir legen ab, rutschen in den Großenbroder Binnensee und stecken wieder mitten in der Suppe. Schemenhaft taucht eine andere Yacht auf, die "Nicar" dreht vor dem Hafen ihre Kreise. Wir schließen uns abwartend an. "Mit Nebel ist nicht zu spaßen, ich war lange Fischer auf dem Nordatlantik", höre ich Erwin, der mit seiner "Nicar" wieder in den Hafen geht. Ein paar Minuten später schließen wir uns an und kehren an unseren Liegeplatz zurück. "Neustadt kannste Dir schenken, Morgen haben wir 9 Bft.," warnt mich der Fischer (der seine Southerly 105 gern verchartert).
Bei den Prognosen schenken wir uns Neustadt, es soll einfach nicht sein. Zwei Stunden später berägt die Sicht 2 Meilen, wir verlassen Großenbrode mit Kurs auf Burgtiefe/Fehmarn. Nur wenige Boote sind unterwegs und mühsam schiebt uns das bisschen Wind die 7,5 Meilen rüber nach Burgtiefe. Wenigstens die Sicht ist besser. Das Café Sorgenfrei spielt hier, im früheren Rettungsbootschuppen direkt am Fahrwasser, die "Schiffsbegrüßungsanlage". War'n die nicht früher in Orth? Waren sie und wer hier den Platz an der Sonne bekommt, kann das Weiße im Auge des Skippers sehen, so nah rauschen die Yachten am Capuccino vorbei. Wir können es hier gut aushalten.
Montag, 02. Oktober, Burgtiefe
Wie gut, dass wir nicht in Neustadt stecken. "Kalami" ist eingeweht. Der Windmesser zeigt bereits im Hafen 7 Bft. aus SW, keine Yacht geht raus. Nur die Klappräder lassen sich einigermaßen auf Kurs halten, obwohl der holprige Weg oberhalb der Steilküste von Burgtiefe bis Staberhuk zu einigen unfreiwilligen Kunststücken führt. Es weht ganz heftig und doch sind ein paar Yachten stark gerefft unterwegs.
So wie die paar Yachties auf dem Wasser pflügen wir mit unseren Klapprädern durch Feld und Flur. Der "Weg" ist aufgeweicht, teilweise müssen wir über Gräben und erreichen nach ca. 1,5 Stunden auf Raumschotkurs mit dem Leuchtturm Staberhuk auch den südöstlichsten Zipfel der Insel. Aber wieso ist der "Zutritt nicht gestattet"? Eine Riesenenttäuschung nach dieser (Tor)Tour für die ambitionierten Radfahrer.
Über asphaltierte Wege treten wir eine bequemere Rückreise an, haben allerdings den Wind genau im Gesicht. Vielleicht fahren wir ja mal mit dem Fahrrad nach Neustadt.
Auch das holen wir nach, wir haben doch noch so viel Zeit. Überraschend trifft am Abend Besuch auf "Kalami" ein, Verena und Rodin kommen aus ihrem Urlaubsdomizil für ein paar Stunden vorbei und versorgen uns mit den allerneuesten Neuigkeiten, wie schön ...
Dienstag, 03. Oktober, Burgtiefe - Heiligenhafen
Wetter: SW 5 - 6, langsam abnehmend 4, rechtdrehend, Schauerböen, See 1 - 2 m
Während der Winter in den Hafen einkehrt, weil bereits ein Boot nach dem anderen gekrant wird, bereiten wir uns auf eine stürmische Überfahrt vor. Wir sind im 2. Reff und vor unserem Lieblingscafé geht das kleine Groß nach oben. Draußen steht eine ordentliche Welle, die bis 2 m hoch geht. Und dann plötzlich ein Überläufer in der Fockschot. Wenden? Pustekuchen und nun beginnt der Kampf um die heile Schot. Ein Kraftaufwand ohne Ende und das bei dem Seegang. Irgendwie kriegen wir die Schot wieder klar, aber beinahe hätte ich wirklich den Tampen gekappt. Es stand auf des Messers Schneide.
Ab Ansteuerungstonne Fehmarnsund nimmt der Wind langsam ab. Als wir die Brücke passieren sind aus 6 allenfalls 2 Bft. geworden. Dem Wind geht buchstäblich die Puste aus. Mit großen Schlägen kreuzen wir langsam zum Fahrwasser auf und sind nach knapp vier Stunden in Heiligenhafen fest. Wollen wir mit dem Auto nach Neustadt?
In diesem Jahr haben wir uns einen Schritt weiter gewagt, wollten endlich andere Schiffe und ihre Besatzung kennen lernen. Wollten hören, wie es der Crew auf ihrem Schiff gefällt und ein bisschen Orientierung für die Yacht nach "Kalami". Dass daraus tiefe Freundschaften entstehen, haben wir nicht erwartet, aber wir haben manchmal durchaus "intime" Einblicke in das Innenleben anderer Yachten erhalten, wunderbare Gespräche geführt und Kontakte hergestellt, die noch immer halten. Unser erster Segellehrer meinte, dass sich Segler "immer" Duzen. Da muss Hans in einem anderen Revier unterwegs gewesen sein, üblich ist das hier nicht - und das ist auch gut so. Ich betone das deshalb, weil ich mit meinen Mitseglern die Vereinbarung getroffen habe, hier im internet ausschließlich die Vornamen zu nennen. So möchte ich das jetzt auch bei den Begegnungen halten - sofern überhaupt ein Name bekannt ist, wie z.B. der
der Pastorenfamilie aus der Nähe von Simmern im Hunsrück, Ehepaar, zwei Kinder. Ich hab' sie mit ihrer Kamera fotografiert, damit die Urlaubsfamilie komplett auf's Foto kommt. Daraus entwickelte sich ein intensives Gespräch über die Philosophie des Segeln, also über die angenehmste Form des Reisens, sodass wir sicher sind, den Eltern eines Tages auf dem Wasser zu begegnen. Vielleicht war auch meine Liebe zur Musik und speziell zur Entwicklung der Musikgeschichte rund um die Burg Waldeck ein Türöffner. Grüße also in den Südwesten und vielleicht darf ich das Foto ja hier mal reinstellen ..?
Christoph und seine Familie haben uns ausführlich die elterliche Amel-Santorin "Renos" (links) gezeigt. Wir wollten einfach mal reinschnuppern in die Oberklasse und sind immer noch davon begeistert, was sich auf Knopfdruck alles steuern lässt. Die "Renos" lässt sich nämlich kinderleicht bedienen und stand sogar zum Verkauf. Wer mal schnuppern möchte, kann dies natürlich gern auf www.amelsantorin.de tun.
Ebenfalls an Steg 9 liegt die Olle Enderlein "Sprinz" aus Uelzen, die in Nykøbing/Falster an unserer Bbseite lag. Wir konnten Ursel und Walter zwar nicht mehr zu einem Besuch ins Mittelalter motivieren, aber dafür haben wir so viel über monatelange Törns in der Ostsee erfahren, unseren "Nasa Target 147" ins Laufen gebracht (es war die falsche Antenne) und spezielle Literaturtipps ausgetauscht. Gern hätten wir mit euch im Femø Kro gegessen, aber das holen wir noch nach.
Unvergessen die Begegnung mit dem Einhandsegler der "Likedeeler" auf Femø. Der Segler aus dem Lipperland, der gleich am ersten Tag seiner Altersteilzeit für Monate auf die Ostsee ging und sich nur noch einsam fühlte. Zum Glück war inzwischen ein guter Freund mit an Bord.
Ein Boot weiter, wir sind immer noch auf Femø, ein Ehepaar auf ner 32er Dehler, das nach acht Wochen Ostsee nur noch nach Hause wollte ... und nächstes Jahr gehe ich in die AterSteilzeit!
Ganz anders die Begegnung mit einem Paar aus dem Bergischen Land, unterwegs mit einer Bavaria 890. Wir trafen uns in Nyborg/Fyn und haben uns mit euch gefreut, wie gut es im ersten Jahr nach getaner Arbeit auf der 890er Bavaria läuft. Das Revier in Holland hinter und die ganze Ostsee liegt nun vor euch. Lange haben wir euren Kurs Richtung Kerteminde noch verfolgt, während unser Kurs auf Samsø anlag.
Petra Deimer* und Hans-Jürgen Schütte* (unten links) sind sicher vielen Seglern als Initiatoren der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäuger (GSM) bekannt, aber das ahnten wir ja nicht, als wir Bootsnachbarn in Ballen miteinander ins Gespräch kamen. Die beiden wussten wiederum nicht, dass wir ihrer Organisation ein hochkarätiges Video über eine Schweinswalsichtung bei Flügge übersandt hatten. Was für ein wunderbarer Zufall und ich hoffe, dass wir dem Hanseat "Coccinella" (Marienkäferchen) noch häufiger begegnen und der Kontakt erhalten bleibt.
*Hier sind ausnahmsweise Nachnamen veröffentlicht, beide stehen auf der GSM-Homepage ohnehin im www.
Mona und Karl (o. rechts), mit ihrer schnellen Jeanneau Sun Fast "Alcedinidae" (Eisvogel), haben uns tief in die Segelwelt, speziell in die Sitten und Gebräuche auf Fehmarn eingeführt. Zwei Abende haben wir über Gott und die Welt, das Leben zwischen Stadt und Land diskutiert, obwohl Mona eigentlich lieber auf dem Wasser unterwegs ist.
Wie schade, dass sich der Kontakt auf die Rethana "Aqua Marin" (links) aus dem HYC beinahe nur auf den Abschied beschränkte. Urlaub und zu wenig Zeit - das kann eigentlich nicht sein. Sehen wir uns im Winter im heimatlichen Hannover?
Und noch ein Besuch in der Oberklasse: Die Crew der 370er "Seewolf", ebenfalls Steg 9 in holy harbour, hat uns erstmals in die Najadwelt eingeführt, aus der wir seit der Begegnung in Langør/Samsø (rechts) scheinbar nicht mehr so recht raus wollen. Es sind einfach wunderbare Schiffe und außerdem sind wir inzwischen Mittelcockpitfans und müssen uns nun wohl neue Ziele setzen.
Lustige Hannoveraner scheinen sich selbst in Ballen/Samsø zu erkennen. Bärbel und Horst mit der etwas bockigen "touch me" (links) hatten alle Zeit der Welt und segelten schließlich mit unseren Karten noch weiter in den Norden.
Mit Peter, seinem Nautiker und dem holländischen "Smut" von der 360er Najad "Pintail" (rechts) haben wir uns ein heißes Segelduell geliefert. Die Najad lief ein wenig mehr Höhe, "Kalami" ein kleines bisschen schneller, also kamen wir zeitgleich in Spodsbjerg an. Wir haben noch ein kleines Video für euch!
Was bleibt sind "Hausbesuche" am heimatlichen Steg, wie z.B. auf ner 37er Rassy oder der 370er Najad von Uli. Ein Traumschiff und jetzt höre ich besser auf.
Vorab: Die offline- oder Schlafzimmerversion und ein Glossar zum Ausdrucken
Segeln jenseits von Afrika - mit "Kalami" nach Samsø (2,78 MB)14. August - 03. September 06
Mittwoch, 16.08.06, Heiligenhafen – Nysted/Lolland
Das Wetter: W – SW 5 – 6, Böen bis 7 Bft.
Donnerstag, 17.08.06, Nysted
Freitag, 18.08.06, Nysted - Nykøbing
Das Wetter: SO – O zunehmend 4 – 5, später SW drehend 4, Gewitterböen, strichweise diesig, See bis 1 m
Samstag, 19.08.06, Nykøbing
Der Yachthafen, so wunderbar am Sund gelegen, hätte ein besseres Konzept verdient. Mindestens vier Klubs teilen sich Liegeplätze und eben auch die sanitären Anlagen. Irgendwie funktioniert das meistens, aber manchmal eben auch nicht. Schade. Nykøbing hat aber auch noch das Middelaldercentret und wer den Guldborgsund passiert, kommt daran einfach nicht vorbei. Guckstu erst mal hier und schon bist Du mittendrin:
„Wir schreiben das Jahr des Herrn 1396. Die Stadt Sundkøbing hofft auf ein gutes Jahr, wo viele Waren und Händler den Weg in unsere Stadt finden. Der Kaufmann hat zum Schutz seiner Schiffe Söldner angeworben, weil die Seeräuber der mecklenburgischen Grafen, die Vitalienbrüder, immer noch ihr Unwesen auf der Ostsee treiben. Der Kaufmann wird sich in dem neu errichteten Haus niederlassen. Ansonsten gehen alle ihren üblichen Geschäften nach. Die Handwerker haben alle Hände voll zu tun, und an Markttagen zeigen die Käufer reges Interesse an den feilgebotenen Waren. Täglich werden die Wurfmaschinen auf ihre Tauglichkeit hin überprüft, und oft lädt Ritter Henrik Svane zu beeindruckenden Ritterspielen. Das Mittelalterzentrum ist ein experimentierendes Museumscenter, das eine authentische Stadt vom Ende des 14. Jahrhunderts aufgebaut hat.“
Was die homepage nicht verrät, in Sundkøbing leben richtige Menschen genau so wie im 14. Jahrhundert. Die leben und arbeiten hier, nur wir kommen aus einer anderen Zeit zu Besuch. So kommst Du hin: www.middelaldercentret.dk/Tyskesider/wilkommen.html
Natürlich darf niemand die Vorführung der Wurfmaschinen auslassen, mit denen die Stadt "Sundkøbing" den Sundkøbingsund "kontrolliert". Gespannt wird die Schleuder über das Hamsterrad ... und dann, Findling frei!
Wir sind absolut begeistert, aber unsere Stegnachbarn, Ursel und Walter von der „Sprinz“, die ebenfalls in Heiligenhafen liegt, können wir nicht mehr für's Mittelalter erwärmen. Dafür erwärmen sie uns für die Ostsee, für lange Törns jenseits der Arbeit und schließlich wechseln wertvolle Tipps von der topp gepflegten Ole Enderlein rüber zur „Kalami“. Vielen Dank.
Der Guldborgsund von Nykøbing mit Blick zum Middelaltercentret
Sonntag, 20.08.06, Nykøbing – Femø
Wetter: SW-drehend 5
Foto aus dem www - Verfasser unbekannt
Montag, 21.08.06, Femø – Korsør
Wetter: SW um 4, rechtdrehend, Gewitterböen, strichweise diesig
Wer bewegte Bilder von Korsør sehen möchte folge dem kommunalen Link (ein Klick über diese Seite funktioniert leider nicht) www.korsoer.dk/archive/VIDEO/Kors%F8r_Kommune_medium.wmv
Dienstag, 22.08.06, Korsør
Mittwoch, 23.08.06, Korsør – Ballen, jedoch zwingt uns ein "Umweg" nach Nyborg
Wetter für Belte und Sund W – NW 4 – 5, Schauerböen, vereinzelt Gewitter; Kattegat NW 3 – 4, zunehmend 5, Gewitterböen
Donnerstag, 24.08.06, Nyborg – Ballen
Wetter für Belte und Sund: W – NW- 4 – 5, abnehmend 2 – 3, SW drehend; Kattegat: N - NW 4 – 5, abnehmend 2 – 3
Es ist so ermutigend, auf Seeleute zu treffen, die mich auf das nächste Jahr einstimmen: Ein Paar aus dem Bergischen Land segelt nach getaner Arbeit im ersten Jahr „Langzeit“ und wundert sich, wie gut sie miteinander klar kommen. Nach vielen Jahren Holland haben sie nun endlich die Ostsee vor sich und sind davon ebenso begeistert wie von ihrer Bavaria 890. Beinahe zeitgleich legen wir ab und passieren ein drittes Mal die Brücke, doch dann nimmt die Bavaria Kurs auf Kerteminde und wir verabschieden uns mit Kurs auf Ballen/Samsø.
Was schert das Wetter die eigene Vorhersage. Vielleicht kann von 2 Bft. die Rede sein und so wird die Reise nach Ballen beinahe zur Langfahrt. Gleich nach der Brücke eine Lektion Segelkunde, als wir nahezu auf Vorwindkurs die Genua mal mit, mal ohne Groß testen, mal auf Raum oder Vorwindkurs unterwegs sind. Außerdem geht der Skipper endlich mal baden, wird wieder ein Schweinswal gesichtet und kehrt der Sommer an Bord zurück
Ab 1800 Uhr schalten wir den Motor dazu, damit wir Ballen noch bei Tageslicht erreichen. Nordöstlich Korshavn kreuzen zwei Riesentanker unseren Kurs, wir sehen die Windmühlen vor Samsø und langsam taucht neben dem Getreidesilo von Ballen auch der Hafen auf. Um 2035 Uhr sind wir endlich drin und finden ganz am Ende der Nordole einen freien Platz. Passen wir dazwischen? Sind das 9,95 m für „Kalami“? Am Ende sind es wohl 10,50 m und wir dampfen nahezu perfekt in die Spring. Nahezu, weil Sabine die Spring zunächst nicht mitfiert, aber dann gelingt nach insgesamt 142 sm Hinreise doch noch ein beeindruckender Anleger. Gelernt ist gelernt.
Was für eine Stimmung im Hafen. Es ist wunderbar warm, die Sonne verabschiedet sich und hinter den Fischerhütten spielt jemand Gitarre. Dazu wird mal englisch mal dänisch gesungen – sind das wirklich die Fisher? Okay, vielleicht mit ein wenig Verstärkung oder haben wir uns in die Karibik gebeamt? Die frühe Sommernacht klingt mehr nach St. Lucia als nach Kattegat. Eigentlich fehlen nur noch Steeldrums drüben aus dem „Dokken“ und ein mit Rastazöpfen bewaffneter Hafenmeister der die Havnepenge in fuckin' Yankeedollar kassiert. „Wollt ihr 'n joint“, fragt er noch. „Nej tak“. Was noch? Brandungsgeräusche wehen über die Mole. Sabine würde sich am liebsten auf's warme Teakdeck legen, in die Sterne schauen … und genau das tun wir. Weißt Du wie viel Sternlein stehen … egal, bis St. Lucia sind es 11.000 sm. So fühlt sich Urlaub an.
25. - 29.08.06: Wunderbares Samsø
Auszüge über die vier Häfen aus Sejlerens:
Ballen ist als Basislager für die Entdeckung der Insel zweifellos der beste Hafen, jedenfalls in der Nachsaison - am Wochendende geht's aber nur in sozialverträglichen "Päckchen". Wer Ballen verlässt klärt seine Versorgungslage am besten draußen vor der Tür. Überall am Straßenrand kleine "Marktstände", die rund um die Uhr geöffnet haben.
Auf Samsø wächst so ziemlich alles. Selbst Feigen haben wir in Besser direkt vom Baum gepflückt. Natürlich hat jeder Hof seinen Selbstbedienungsladen (rechts).
Eine der schönsten Ecken auf Samsø ist das Besser Rev, ein Naturreservat in einer einzigartigen Landschaft (links oben). Rechts daneben der Kanhavekanalen, mit dem die Wikinger vor 1200 Jahren die Insel an der schmalsten Stelle teilten. "Damals" war der Wasserstand der Ostsee höher als heute. Die Mühle (unten) stand ebenfalls in Besser, bis sie kurzerhand von einem Stummfilmregisseur gekauft und für Dreharbeiten abgefackelt wurde. Die Dorfbewohner mussten fassungslos zuschauen - ein schlechter Film.
Es gibt zum Glück auch hoffnungsvolle Lebenszeichen in Besser, wie z.B. diese kleine Primaballerina, die für ihren Auftritt eine anemessene Gage einstreicht. Mindestens eine halbe Stunde stand sie für diesen Auftritt am Straßenrand und lauerte ihr Opfer auf. Die Vokabel „Straßenkinder“ wird hier neu interpretiert.
Besonders typisch für Samsø sind die Berufsbezeichnungen der Hausbesitzer auf dem Dach - eins hab ich aus Kerteminde mit reingeschummelt.
Der Naturhafen von Langør ist über einen Damm mit der Insel verbunden (oben). Wer einen ruhigen Hafen sucht, ist in Langør bestens aufgehoben. Die Kirche von Langør (unten links) und der Leuchtturm Vesborg Fyr, an der Südküste von Samsø.
Die dänischen Marinekutter "Svanen" und "Thyra" im Hafen von Ballen. Wir sind viel unterwegs. Auf der Langstrecke nach Nordby, ca. 20 km, nehmen wir die Klappräder sogar im Bus mit - zurück wird getrampelt.
Nordby bildet, wie der Name schon sagt, das Zentrum der Nordinsel. Touristisch bestens erschlossen ist es eins der schönsten Dörfer Dänemarks und damit ein quicklebendiges Museum. Ganze Busladungen oder Schulklassen sorgen für Stimmung und Unterhaltung.
Die Nordspitze der Insel bilden die Ballebjerge mit dem "Nordkap" Issehoved. Von hier hat man einen wunderbaren Blick rüber zur kleinen Nachbarinsel Tunø, nach Aarhus im Nordwesten, im Norden zu den Molsbjergen mit Ebeltoft. Diese Ziele hatten wir eigentlich auch noch auf unserem Plan, aber das kleinste Rathaus der Welt (Ebeltoft) werden wir eben später besuchen.
Es gibt noch so viel über Samsø zu erzählen, aber viel wichtiger sind uns die Begegnungen mit anderen Seglern. Wir trauen uns inzwischen hinzugehen, zu fragen und sind bisher nie enttäuscht worden. Stellvertretend dafür liebe Grüße an Petra Deimer und Hans-Jürgen Schütte mit ihrem Hanseat "Coccinella", Mona & Karl mit ihrer schnellen Eisvogel "Alcedinidae", Grüße an die namentlich unbekannten Segler der Rethana vom HYC, die Crew der "Seewolf" sowie Bärbel und Horst von der etwas bockigen "touch me".
Mittwoch, 30.08.06, Ballen - Kerteminde
Wetter NW 5 Bft.
Der Abschied von Samsø beendet ja noch nicht den Urlaub, trösten wir uns und Kerteminde ist ja auch ganz schön. „Draußen“ ist Super Segelwetter und wir düsen Raumschotkurs, den wunderbaren Hindsholm „abwärts“. Um 1730 Uhr erreichen wir nach 5 Stunden und 22 sm die Stadt der „Amanda“, des Malers Johannes Larsen, die Stadt mit dem Fjord- & Bæltzentrum und hier ist auch das Folkeboot zuhause.
Wir haben Kerteminde bei unserem letzten Aufenthalt buchstäblich lieben gelernt. Das schlimmste an Kerteminde ist das ausgezeichnete Vaffelhuset in der Trollegade 2 D, direkt neben der Pizzeria - die hat übrigens auch volkstümliche Preise.
Wer meine Sicht auf diese Stadt ausführlicher nachlesen möchte – Logbuch 2005 „Rund Fünen“. Gern hätten wir diesmal noch das Schiffsgrab von Ladby besichtigt, aber dafür reicht die Zeit einfach nicht. Etwa 3 km südlich von Kerteminde wurde vor 1000 Jahren ein Wikingerhäuptling mit Schiff, Pferden und Hunden in einem Hügel beigesetzt.
Donnerstag, 31.08.06, Kerteminde – Lohals
W 4 – 5, abnehmend 3 – 4, SW drehend
So lieben das die Seeleute. Ein konstanter Halbwindkurs treibt uns mit 6 kn die fün'sche Küste südwärts. Dabei passieren wir ein viertes Mal die Storebeltbroen, schicken einen Gruß rüber nach Nyborg und Korsør, aber langweilig, langweilig wird diese Brückenpassage bestimmt nie. Der frische Wind kratzt eher an 6 als an 3 Bft., dreht langsam auf Südwest, sodass aus dem Halbwindkurs immer mehr ein Anlieger wird.
Südlich der Brücke steigt die See wieder stärker ein, „Kalami“ schiebt um die 20° Lage und im Bereich des Vresenflach müssen wir wegen der Untiefen sorgfältig manövrieren. Es ist wirklich ein Vergnügen, unter diesen Bedingungen am Rad zu drehen. Die Sonne scheint, zeitweise sind wir mit 7 kn unterwegs, einfach geiles Segeln.
So könnte es weiter laufen. Viel zu schnell stehen wir vor der Hafeneinfahrt von Lohals. Immerhin 1,5 m Welle und 6 Bft. aus W versprechen in dem engen Hafen, den wir erstmals anlaufen, reichlich Adrenalin beim Anlegen. Es kommt tatsächlich so, denn im Hafen sind wir zwar gut vor Seegang geschützt, aber der kräftige Westwind drückt so stark, dass wir ein Wendemanöver noch gerade so hinbiegen und uns schließlich schützend in Lee einer 343 Najad „verstecken“ können. Da kommt man zu zweit - und im Mittelcockpit weit weg von den Achterleinen - beinahe an die Grenze.
Ein paar Minuten später entdecken wir Lohals. Naja, viel zu entdecken gibt's da nicht. Der frische und böige Wind treibt uns in ein Café und lockt uns schließlich doch in den wunderbar sanierten „alten“ Hafen. Hier ist mehr Platz zum Manövrieren und die niegelnagelneuen Duschen gleich um die Ecke. Beim nächsten Törn machen wir hier fest.
Danach gehen Hänsel und Gretel in nördlicher Richtung weiter und gelangen in einen fantastischen Wald. Die verschlungenen Wege führen an abgestorbenen Baumriesen vorbei oder immer wieder mal ans Ufer, mit Blick rüber nach Lundeborg/Fyn oder auf die Storebeltbroen im Norden. Mehr Panorama geht doch gar nicht und dennoch keine Spur vom bösen Wolf. Wir hätten ihn ohnehin nicht gehört - so laut haben wir im dunklen Wald gepfiffen. Darüber hinaus soll hier der edle Ritter Henrik Svane aus Sundkøbing, so wird jedenfalls gemunkelt, nach der Saison im Wald sein Unwesen treiben, aber das glaubt sowieso niemand.
Freitag, 01.09.06, Lohals – Spodsbjerg
Wetter SW – W 5, vorübergehend zunehmend, Schauerböen, etwas diesig
Wo ist das Sommerwetter? Es zieht immer mehr zu. Als wir ablegen setzt Sprühregen aus der Stratusbewölkung ein. Ein viel zu leichter Wind lässt die Logge bei 1,8 kn einschlafen und wir kriechen mühsam um Langelands Nordspitze. Bei 2 sm Sicht und direkt am Tiefwasserweg heißt es gehörig Ausguck gehen.
Ganz vorsichtig, wie Musik, die langsam immer lauter klingt, legt der Wind zunächst auf 4 Bft. zu und „Kalami“ bedankt sich mit 6 kn Fahrt. Selten begegnen uns weit entfernt andere Segler, nur eine Najad geht dicht hinter uns durch. So leise wie der Wind vorhin zugelegt hat mauschelt er sich ab Sandhage weiter auf 6 Bft. hoch. Da wir nicht ständig kreuzen wollen halten wir 45° zum Wind und driften damit immer weiter raus. Die See wird ruppiger und manchmal kracht das Vorschiff ins Wellental. Inzwischen kommt immer wieder Wasser über. Endlich reagiert die Besatzung, wendet und hält auf die Küste zu.
Unter Land treffen wir wieder auf die 360er Najad „Pintail“. Sind wir so schnell oder die so langsam? Das wollen wir natürlich wissen und nehmen die Einladung zu einer unsichtbaren Regatta dankend an. Was für ein Spaß. Die „Pintail“ läuft ein wenig höher, „Kalami“ ist dagegen minimal schneller und bis Spodsbjerg ist es nicht mehr weit. Ist das spannend. Manchmal scheint uns die „Pintail“ wegzulaufen, dann sind wir wieder vorn (siehe oben, die "Pintail" im Rückspiegel).
Beim Segelbergen vor dem Hafen von Spodsbjerg ist wiederum die Crew der „Pintail“ schneller und zu dritt natürlich auch früher zwischen den Pfählen. Später verständigen wir uns an Bord der „Pintail“ auf ein Unentschieden, lernen Peter mit seiner sympathischen Crew und ein beeindruckendes Schiff kennen. Der Gedanke an eine 360er Najad lässt mich seitdem nicht mehr so ganz los, der Kaufpreis beamt mich dagegen schnell wieder in's richtige Leben.
Der Spodsbjerg Turistbådehavn bietet, was Segler und Angler brauchen. Die lange Straße zur Fähre mit ein paar Häusern dran entwickelt keinen besonderen Charme, aber vielleicht ist es auch das nasskalte Wetter, dass Spodsbjerg auf der Beliebtheitsskala nicht unter die Top 30 bringt. Am gemütlichsten ist es wohl an Bord oder im Kro. Dorthin verschlägt es die Pintailcrew, wir drücken uns die Nase an den Schaufenstern der Anglerläden platt und sind früh in der Koje.
Samstag, 02.09.06, Spodsbjerg - Heiligenhafen
Wetter für Belte und Sund: SW – S 3 – 4, zunehmend 5, Westliche Ostsee: S 3, später 5.
Der letzte Segeltag beginnt mit dem "Besuch" einer kriminellen Vereinigung: Notgedrungen müssen wir das Frühstück mit ca. 50 Wespen teilen. Nein, mehr sind es nicht, ich hab die Bande auf einem Foto gezählt. Willste die Biester mal sehn?
Vergisses, wichtiger ist, dass sich die Sonne hin und wieder gegen den Nebel durchsetzt. Als wir ablegen ist es noch immer diesig, auf dem Wasser beträgt die Sicht eine knappe Meile. „Natürlich“ kommt der Wind mal wieder von vorn, aber während ich das schreibe erinnere ich mich, welch wunderbare Windbedingungen wir während dieser Reise hatten. Also, heute kommt der Wind von vorn und da er später auf S drehen soll, segeln wir zunächst einen langen Schlag rüber nach Lolland, damit wir von dort auf Anliegerkurs gehen und uns von der Berufsschifffahrt freihalten können.
Wir sind sehr langsam unterwegs, passieren den Tiefwasserweg, sehen die Großschifffahrt manchmal schemenhaft wie Geisterschiffe, bis vor uns die schmale Landzunge von Albuen/Lolland auftaucht. Während wir unsere Position in der Karte markieren wird klar, dass wir beinahe 2 kn Strom haben, der nordwärts setzt. So wenig Wind und so viel Strom? Damit haben wir nicht gerechnet. Nun auf SW-Kurs treten wir beinahe auf der Stelle, bis uns um 1440 Uhr ein Geräusch alarmiert. Ein Schweinswal? Wieder das typische „Luftschnappen“ und dann sehen wir den kleinen Tümmler noch zwei- dreimal auftauchen. Die Mobtaste des GPS registriert 54° 51'02'' N; 010° 55'57'' O, die Kamera hatte keine Chance, den selten gewordenen Meeressäuger „einzufangen“.
Eine halbe Stunde später beinahe eine Kopie, diesmal auf 54° 49'44'' N; 10° 54'00'' O. Vermutlich ist es derselbe Außenbordskamerad, der nur meine Sportlichkeit testen will, zwei- dreimal auftaucht und als ich endlich die Videokamera zur Hand habe verschwindet. „Es ist Schweinswalwetter“, flüstert Sabine leise, damit wir bloß kein Geräusch verpassen.
Was ist mit unserem Tempo? 2 – 3 Bft. aus S, weiterhin 2 kn Strom gegenan und immer noch Albuen an Backbord; Fahrt über Grund 0,5 kn! Die Arbeitsfock muss runter und die Genua für mehr Vortrieb sorgen. Segelwechsel. Bei dem Wind kein Problem, aber ausgerechnet jetzt schon wieder ein Schweinswal? Tatsächlich, wieder das typische „Luftschnappen“, dann nochmal und daneben wieder, es sind mehrere „Marsvine“ – wir sind schließlich in dänischen Gewässern unterwegs. Ist das eine „Schule“? Vier oder fünf Schweinswale ziehen langsam in West-Ostrichtung durch unser Kielwasser. Vielleicht sind sie 20 m entfernt und diesmal läuft die Kamera mit und hält diesen Moment ganz sicher fest. „Kommt näher“, flüstert der Kameramann und hat in Gedanken schon den Videopreis beim Wettbewerb der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäuger (GSM) in der Tasche, als noch ein Nachzügler dem Kurs der „Schule“ folgt. Um 1530 Uhr ist die Show vorbei, das GPS zeigt 54° 49'20'' N; 10° 53'77'' O. Was für ein seltenes Glück. Folgt man der GSM-Einschätzung, dass in der Ostsee noch ca. 600 vom Aussterben bedrohte Meeressäuger leben, so haben wir eben 1 % davon gesehen.
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